Berliner Theatertreffen – „Reich des Todes“ von Rainald Goetz im SchauSpielHaus Hamburg

Zum dritten Mal ist Sebastian Hartmann mit einem epochalen Roman der Weltliteratur beim Theatertreffen vertreten. Alle Handlungsstränge, die in Thomas Manns „Der Zauberberg“ formstreng von Hans Castorps siebenjährigem Sanatoriumsaufenthalt am Vorabend des Ersten Weltkriegs erzählen, löst er auf und überführt sie in einen intensiven Bilderrausch. Sieben Schauspieler*innen irren durch einen nicht enden wollenden Schneesturm und kreisen in vielfältigen, verstörenden Monologen um die wiederkehrende Frage: Was ist der Körper im Lauf der Zeit? Ursprünglich für ein Publikum vor Ort geplant, hat das Team um Hartmann die Inszenierung für einen Livestream grundlegend überarbeitet. In diesem neuen Setup kommen die Bildwelten des Videokünstlers Tilo Baumgärtel und die Musik von Samuel Wiese umso kraftvoller zur Geltung.

„Es lebe die Krise!“ könnte das Vorwort für das „Reich des Todes“ sein. Ausgehend vom Attentat vom 11. September 2001 rechnet Rainald Goetz mit den politischen Taktiken ab und zeigt wie Autokraten Demokratien zum Einstürzen bringen können.
In einer 4-stündigen energetisch vibrierenden Inszenierung bringt Karin Beier, die in Großformaten versierte Intendantin des SchauSpielHauses Hamburg den extrem dichten, anspielungsreichen Text auf die Bühne, von Jörg Gollasch klanglich aufgeheizt. Es geht nicht um Mitleid für die Opfer, sondern um die Faktoren, durch deren Zusammenwirken das Böse Oberhand gewinnt, gleichzeitig das Grauen zur Unterhaltung degradiert wird…