München – Oper Incognita – Puccinis „Tosca“

Statt der Ouvertüre öffnet sich der rote Samtvorhang im Dorfener Jakobmayer-Jugendstilsaal und Tosca singt ein beschwingtes Chanson. Es wird in melancholischer Abdunklung zum Leitmotiv zwischen den Akten einer überaus spannenden „Tosca“-Inszenierung, mit der die Opera Incognita in Dorfen bei der Vorpremiere begeisterte. Mit einem Miniorchester  von nur sieben Instrumenten und verringerten Nebenrollen auf der Bühne stemmt die Opera Incognita Puccinis rasante „Tosca“ in einer Bearbeitung von Ernst Bartmann, dem musikalischen Leiter,
Am Klavier spielt Ernst Barmann selbst die Melodiösität der Geigen. Musikstudenten übernehmen mit zwei Hörnern, Fagott, Oboe, Klarinette und Querflöte den Bläserpart. In dieser kammermusikalischen Besetzung ergibt sich im Zusammenspiel mit den Sängern eine mitreißende „Tosca“-Inszenierung, in der Puccinis harmonische wie dissonante Modulationen bestens zur Wirkung kommen, Sänger und Musiker größtenteils sehr ausgewogen die musikalische Dynamik bewältigen.
Regisseur  Andreas Wiedermann verzichtet auf das Bühnenbild, begnügt sich mit ein paar Requisiten, um Ortswechsel anzudeuten, und lässt stattdessen den Stuttgarter Illustrator und Comiczeichner Stefan Dinter in der oberen Quersequenz der Bühne das Geschehen performativ mitzeichnen. Die Hauptmotive  Erotik und Eifersucht, Macht und blutige Grausamkeit  werden neben Musik, Gesang und Spiel so auf einer vierten Ebene lebendig.
Statt der Ouvertüre öffnet sich der rote Samtvorhang im Dorfener Jakobmayer-Jugendstilsaal und Tosca singt ein beschwingtes Chanson. Es wird in melancholischer Abdunklung zum Leitmotiv zwischen den Akten einer überaus spannenden „Tosca“-Inszenierung, mit der die Opera Incognita in Dorfen bei der Vorpremiere begeisterte. Mit einem Miniorchester  von nur sieben Instrumenten und verringerten Nebenrollen auf der Bühne stemmt die Opera Incognita Puccinis rasante „Tosca“ in einer Bearbeitung von Ernst Bartmann, dem musikalischen Leiter,
©Opera Incognita
Gleichzeitig  rückt der politische Aspekt der literarischen Vorlage, Victorien Sardous Melodram „La Tosca“, wieder stärker ins Bewusstsein. Puccini hatte dessen Verortung des Konflikts zwischen Kirchenstaat und der napoleonischen Römischen Republik um 1800 aus der der Liebesgeschichte ziemlich eliminiert. Über  Dinters Porträttalent und expressives Zeichnen mit Tusche und Wasserfarben gelingt nicht nur die Visualisierung der innersten Gefühle der Protagonisten, sondern auch der voyeuristische Blick auf Cavaradossis  erotische Skizzen, in die faschistischen Folterkammern Mussolinis inklusive der Befreiungsvision durch die Landung der  Alliierten.
In dieser politischen Atmosphäre wird Toscas große Liebe, der Maler Cavaradossi, zum Opfer politischer Willkür.  Als er seinem Freund Angelotti, einem entflohenen Revolutionär hilft, will der Polizeichef Scarpia seinen Kopf und Toscas Körper. Die grundlos eifersüchtige Tosca mausert sich zur beherzten Verteidigerin ihrer Liebe, erpresst ein wertloses Gnadengesuch für Cavaradossi und ermordet den lüsternen Scharlatan, der ihr an die Wäsche will. In Wiedermanns Inszenierung springt Tosca nicht von den Klippen, sondern rennt ihren Häschern davon, ein offener Schluss. der auch Befreiung zulässt. 
Unter der strikten Personenregie Andreas Wiedermanns entwickeln die Sänger einen packenden Opernthriller. Dorothee Koch brilliert als blonde Tosca mit furiosem Sopran und schauspielerischem Talent. Rodrigo Trosino als Cavaradossi überzeugt mehr als gefolterter Todeskandidat in Mittellage als in den angestrengten Höhen der Liebesduette. Wunderbar kontrastiert dagegen Robson Tavares charismatischer Bariton zu Toscas Timbre. Er zeichnet den Polizeichef als charmanten Sadisten, lächelt mild und berauscht sich am Hass und Leid Toscas, ein smarter, klangschöner Widerling im Gegensatz zu Martin Summers bewusst eckig agierendem Spoletta, ungewöhnlich, aber passend statt tenoral mit einem resolutem Bassbariton als Scarpias Befehlsausführer und Summe aller Schergen der Macht besetzt.
Zu sehen in der Münchner Allerheiligen-Hofkirche am 11. und 17. Mai, und im Straubinger Theater am Hagen am 26. Mai.