©Aylin Kaip
Der Clou ist, dass beide Opern ineinander geschachtelt werden. In Lortzings „Opernprobe“ (1851) wird Alberts „Abreise“ (1898) gespielt, musikgeschichtlich und dramaturgisch eine ironische Raffinesse, die durch das Spiel im Spiel, entsprechende Doppelbesetzungen und unterschiedliche Musikstile eine gewisse Spannung erzeugt, die jeder Oper für sich vollkommen fehlt.
In der „Opernprobe“ sollen Luise, die Tochter des Grafen und Baron Rheintal verheiratet werden. Der Baron nimmt mit seinem Diener Reißaus und musiziert sich im Haus des Grafen als wandernder Opernsänger direkt in Luisas Herz. Der Diener erobert die Kammerzofe, die nicht nur als Dirigentin in der Opernprobe, sondern auch menschlich alles dirigiert, weil sie mit ihrer kecken Art alles belauscht und ausplaudert. Andreas Wiedermann weiß die komödiantische Wirkung der „Opernprobe“ mit der ironisch übertriebenen Einhaltung der AHA-Regeln aufzupeppen. Thomas Greimel, Diener des Grafen, desinfiziert mit Leidenschaft bis in den Mund hinein. Mit dem Meterstab werden nicht nur ständig die Abstände, sondern auch die erotischen Vibrationen zwischen Kammerzofe und Diener witzig vermessen, wobei Carolin Ritter und Manuel Kundinger stimmlich und schauspielerisch ihre Rollen sehr kokett und herzerfrischend umsetzen, gesanglich durch ihr angenehmes Timbre und ihre textverständliche Artikulation sehr überzeugen. Man würde sie gern öfter hören.
©Aylin Kaip
Thomas Paul interpretiert Baron Reinthal wie einen Wiener Strizzi, forciert extrem bis zur puren Parodie im Fortissimo. Er soll ja nur der wandernde Möchtegern Sänger sein.
Verwirrung schafft die nahtlos eingebaute Opernprobe von Eugen d´Alberts „Die Abreise“. Ines Bergk, gerade noch Luisa, übernimmt die Rolle der vernachlässigten Ehefrau, Daniell Weller wechselt vom gräflichen Vater zum überarbeiteten Ehemann. Der Freund (Thomas Paul) des Ehemanns will sich um dessen Ehefrau kümmern, bedrängt ihn deshalb zu verreisen und sich zu erholen.
©Aylin Kaip
Der Ehemann durchschaut den Plan, kehrt schnell zurück und feiert die wieder entdeckte Liebe zu seiner Frau. In den fließenden Melodien d´Alberts können Daniel Weiler, Thomas Paul (Freund) und Ines Bergk ihr Stimmvolumen präsentieren, wobei nicht zuletzt durch die verstärkende Akustik der Kirche kaum dynamische Facetten hörbar werden. Vorwiegend mezzoforte bis forte wirkt die Darbietung je nach Sitzplatz schnell überschallt, obwohl das musikalische Trio nie in Konkurrenz zu den Sängern tritt, sie vielmehr dezent begleitet. Ernst Bartmann übernimmt am Klavier instrumental die Führung, kristallisiert die schlichten Liedbegleitungen klar heraus. Julia Knapps geigerisches Können, wird am Ausgang der Arien sehr melodisch hörbar. Alexander Weiskopf am Kontrabass agiert dagegen immer sehr leise, was aber wiederum mit der Positionierung der Musiker im Seitenschiff zusammenhängt.
Beide Werke hinterlassen inhaltlich und musikalisch weder Eindruck noch stilistische Trennschärfe, doch die konzeptionelle Idee dieser Doppeloper vor dem stimmungsvoll ausgeleuchteten Backsteinmauerwerk (Licht Jan-Robert Sutter), inszeniert in roten Kostümen (Aylin Kaip) mit witzigen Effekten, nicht zuletzt durch die finale kleine Projektion Richtung Himmel mit Söder als Übervater inklusive bayerisch gemustertem Mundschutz bleibt im Gedächtnis.