©Landestheater Niederbayern, Peter Litvai
Dem Charme der Herz-Schmerz-Melodien und rasanten Tänze kann man sich, auch wenn man selbst nicht unbedingt Operettenliebhaber ist, kaum entziehen. Unter der Regie von Urs Häberli und Choreografie von Sunny Prasch gelingt der Spagat vom herzallerliebsten Liebesgeständnis zur grotesken Übertreibung. Bestens besetzt wird bei jeder Szene geschmunzelt und gelacht, weil alle DarstellerInnen ausgesprochen kokett und sympathisch agieren.
Reinhild Buchmayer gibt eine wunderschöne und resolute Rössl-Wirtin ab, die mit gezirkelter Gestik wie aus einem bayerischen Bilderbuch wirkt. Klar, dass sich der Zahlkellner (Daniel Preis) über beide Ohren in seine Chefin verliebt und von ihr träumt. „Es muss was Wunderbares sein, von dir geliebt zu werden“, aber „Zuschaun kan i net“, bekennt er, wenn sie mit einem anderen turtelt.
©Landestheater Niederbayern, Peter Litvai
Die beiden Paare aus der Stadt finden sich schneller. Ottilie (Emily Fultz) schnappt sich den Rechtsanwalt (Roman Pichler) und Klärchen (Claudia Bauer) den schönen Sigismund (Miroslav Stričević). Dazwischen sorgt der umtriebige Chor für bayerisches und Berliner Lokalkolorit und eine monströse Schwanensee-Parodie. „Im Salzkammergut kann man gut glücklich sein“ wird zum liebenswerten Ohrwurm. Dabei wandelt sich selbst der nörgelnde Berliner Fabrikant Giesecke, Ottilies Vater, in ein alpines Urgestein, eine Paraderolle für Peter Tilch. Sein Pendant, der Schmetterling jagende Professor Hinzelmann, Klärchens Vater, macht von Haus aus Urlaub, um zu genießen, nicht um zu meckern. Mit Kyung Chun Kim lässt seine sehr kurze Gesangspartie tonal aufhorchen. Weniger begeistert ist der Kaiser, der zum Schützenfest kurz „Im weißen Rößl“ Logis nimmt. Wie immer bleibt er höflich und sagt brav sein legendäres Sprüchlein. „Es war schön. Es hat mich sehr gefreut.“
So könnte auch mancher Operettenbesucher diskret seine Meinung äußern, wenn er im Parkett saß, wo unter der Leitung von Kai Röhrig vorwiegend schrilles Forte zu hören war, das die Stimmen sehr stark zudeckte, was nicht nur der schwierigen Akustik im Theaterzelt anzulasten ist. Auf den Tribünenplätzen wirkte die Akustik ausgeglichener, wurden Crescendi und vor allem die Gesangstexte hörbarer. Doch grundsätzlich hätte man sich bei manchen Melodien mehr Piano, orchestralen Schmelz und größere rhythmische Dynamik gewünscht.
Künstlerisches Team: Kai Röhrig (Musikalische Leitung), Urs Häberli (Inszenierung), Marcel Zaba (Bühne, Kostüme). Sunny Prasch (Choreographie), Eleni Papakyriakou (Choreinstudierung), Swantje Schmidt-Bundschuh (Dramaturgie)