©Landestheater Niederbayern, Foto: Peter Litvai
Zurück zu den Anfängen der Oper präsentiert das Landestheater Niederbayern eine bezaubernde Inszenierung von Glucks „Orpheus und Eurydike“ (1762). Sie gilt…
heute als Musterbeispiel der Reformoper. 150 Jahre nachdem Monteverdi mit „L’Orfeo“ (1607) die Oper erfunden hatte, die sich im Barock zum großen Koloraturspektakel entwickelte, brachte Gluck (1714-1787) sie wieder zurück „zu ihrer wahren Bestimmung“, Handlung und Gefühle ohne Verzierungen nahtlos darzustellen. Mit nur drei Solisten, Chor, Tanz und einem wunderbar ausbalancierten Orchester gelingt ein kurzweiliger, in sich stimmiger Opernabend, musikalisch und optisch klangschön und ästhetisch inszeniert mit raffinierten Wirkungen im Detail.
Schon bei der Ouvertüre wird hörbar, es geht hier nicht um Effekte, sondern um die feinen Nuancen und facettenreiche Dynamik von Glucks gefühlsbetonter Musik. Ektoras Tartanis lebt dem Orchester durch seine physischen Auf- und Abbewegungen die Crescendi und Decresendi vor, was sich auf die Musiker und Sänger überträgt und den gesamtmusikalischen Atem derart verdichtet, dass die Musik fast meditativ dahinfließt und keinerlei Raum für Zwischenapplaus bleibt.
Spritzig und verspielt entfaltet die Ouvertüre das Motiv des jungen Liebespaares, herrlich erfrischend nicht nur von zwei Tanzpaaren, sondern auch von Orpheus und Eurydike vor einem sphärisch projizierten Wolkenhimmel vertanzt. Wuchtige Paukenschläge signalisieren ihren Tod. Gleichzeitig kündet der Blick in die Wolken auf das weite Meer von transzendenten Welten.
Mit Krešimir Dujmić, einem jungen kroatischen Bariton, und Emily Fultz vom Ensemble vortrefflich besetzt, wird die Liebesgeschichte wieder lebendig. Beide verfügen über satte, wohlklingende Stimmen, die Glucks schlichte Melodien emotional aufleuchten lassen. Ursprünglich für eine Kastratenstimme vertont bringt Dujmić eine glühende Tiefe mit ein, überrascht aber gleichzeitig mit zarten Passagen in den Höhen. Fultz setzt kraftvoll dagegen. Wenn Eurydike an ihrer Schönheit zweifelt, lässt Fultz, ansonsten in mädchenhafter Frische, egozentrisch und eigenwillig die Reduktion der Frau auf ihr Äußeres aufblitzen.
Wie Gluck in der Musik fokussieren Regisseur Urs Häberli und Ausstatterin Ursula Beutler ohne Schnickschnack auf das Wesentliche. Orpheus, Eurydike und Amor, mit Daniel Huber in kindlicher Wahrhaftigkeit, agieren ganz natürlich. Innige Momente wechseln mit großen Tableaus, in denen durch Chor und Tanzpassagen, Hades- und Elysium, Sturm und Gewitter zwischen wallenden Stoffbahnen dramaturgische Spannung aufgebaut wird, vom Orchester klangschön untermalt.

©Landestheater Niederbayern, Foto: Peter Lirvai
Bühnentechnischer Clou ist ein überdimensioniertes weißes Stoffquadrat mit konkaven Linien, das dupliziert auseinander driftet und wieder fusioniert, zunächst zu einem Rechteck, dann durch Amors großzügige Freigabe eines Happyends zum Quadrat als Symbol der absoluten Harmonie und Übereinstimmung durch die Liebe. Eine zauberhafte Inszenierung groß im kleinen Format.
Künstlerisches Team: Ektoras Tartanis (Musikalische Leitung), Urs Häberli (Regie), Ursula Beutler (Ausstattung), Rae Piper (Choreographie) R.-Florian Daniel (Chor- und Kindeinstudierung)
Mit: Krešimir Dujmić (Orfeo), Emily Fultz (Euridice),David Huber (Amor)
Mária Król (Amor),Thomas Cico (Tänzer), Alícia Navas Otero (Tänzerin) Ginjo Sakai (Tänzer), Kristina Zaidner (Tänzerin) Niederbayerische Philharmonie und Opernchor des Landestheaters Niederbayern