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Bayern – Wagners „Lohengrin“ im Landestheater Niederbayern enttäuscht

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Bayern – Wagners „Lohengrin“ im Landestheater Niederbayern enttäuscht

©Landestheater Niederbayern, Foto: Peter Livai

Was tun, wenn Ortrud krank und Lohengrin stimmlich so indisponiert ist, dass er nach dem ersten Akt aufhören muss? Formidabel löst das Landestheater Niederbayern die Situation…

Mit Nadine Lehner vom Theater Bremen und Edward Leach aus dem Ensemble des Landestheaters konnte die fünfte Vorstellung des „Lohengrin“ in Landshut nicht nur gerettet, sondern auch schauspielerisch und sängerisch verdichtet werden, nachdem im ersten Akt durch Kristian Benedikts hörbar angestrengte Stimmbänder einiges aus dem Lot geriet, Chor, SolistInnen und Orchester die Balance verloren, was Basil H. E. Coleman durch fulminante Lautstärke auszugleichen versuchte. 

Wegen der Open-Air-Situation in Passau mit Mikrophon verstärkt, überschallten sich im Theaterzelt Landshut die Tutti. Die orchestralen Fortissimi provozierten die SängerInnen und den Chor immer wieder zu schrillen Höhen. Nur im leitmotivisch wunderbar subtil aufleuchtenden Gralsmotiv wurde Wagners hochromantische Partitur hörbar, doch seine fanfarischen Einschübe und düsteren Wogen blieben an der lärmigen Oberfläche, ohne dass sich ein tiefgründig beseelter Wagner-Flow entwickeln konnte, dessen lyrischer Glanz und hexenhafte Magie vorwiegend in den Duetten mit Yitian Luan und Edward Leach beziehungsweise mit Nadine Lehner und in deren Ortrud-Interpretation aufleuchteten, die auch schauspielerisch Leben in die an sich sehr statische Inszenierung einbrachte. Mit Bravour und sehr textklar intonierten Albin Ahl als Heerrufer des Königs, Philipp Mayer als König Heinrich und ganz besonders Kyung Chun Kim als Friedrich von Telramund, dessen Greisen-Optik allerdings wenig zu seiner rasanten Ortrud passte.

Thomas Eckers Wagner-Debüt enttäuschte. 76 Mal hat er als absoluter Wagnerenthusiast, den Lohengrin  auf der Bühne erlebt. Er kennt extrem viele Deutungsmöglichkeiten, wollte bewusst weder verrätseln noch zu stark innovieren und laut Interview im Vorfeld einen Mix aus Märchen, Fantasy, Umwelt- und Kriegsdrama auf die Bühne bringen. Doch weder Bühnenbild noch Kostüme lösen diesen Anspruch ein. Lapidar wirken die kleinen braunen Haufen und der umgekippte Telefonmast seitlich der Bühne, um nach dem Klima-Countdown einen Neubeginn der Brabanter im Jahre 2055 assoziieren zu lassen. Der zerstörte Gralsturm verweist vielmehr in die Vergangenheit genauso wie die Inszenierung, die als reines, sehr monotones Positionsspiel, abgesehen von der atmosphärischen Lichtregie kaum inspirierende Abwechslung bietet. Die Tanzszenen, ein heidnischer Hochzeitstanz mit Tiermasken und dröge Volkstänze völlig konträr zur fanfarischen Musik bleiben matte Belebungsversuche. Elsas bühnenweiter weißer Schleier als Zeichen ihrer Unschuld und der Schwan wie im antiken Theater imaginär nur aus der Ferne gesichtet sind mehr oder weniger die einzigen Überraschungen. Zum anvisierten „Leuchtturmprojekt“ avanciert diese Inszenierung nicht. 

Künstlerisches Team: Basil H.E. Coleman (Musikalische Leitung), Thomas Ecker (Inszenierung), Ursula Beutler (Bühne, Kostüme), Florian Rödel (Projektionen), Kristina Zaidner (Choreografie), R.-Florian Daniel, Guiran Jeong (Chor), Swantje Schmidt-Bundschuh (Dramaturgie)