©Deutsche Grammophon
Nach „There’s a Place for Us“ präsentiert Nadine Sierra jetzt „Made for Opera“ mit Verdis Violetta, Donizettis Lucia und Gounods Juliette, in deren Partien sie mit ihrem außergewöhnlich lyrischen Sopran das Liebesleid der drei Protagonistinnen so berührend zum Ausdruck bringt, wie das Anna Netrebko vor 17 Jahren bei der legendären Salzburger Aufführung von „La Traviata“ gelang.
Nicht von ungefähr beginnt „Made for Opera“ mit den Highlights von Verdis „La Traviata“ darunter die charismatische Arie „Sempre libera“ in einer faszinierenden Interpretation von Nadine Sierra. Verdis wunderschöne Arien, zuweilen wie Ohrwürmer malträtiert, bringt Nadine Sierra durch ihre ganz individuelle Zartheit erneut zum Leuchten. Zu Beginn von „Teneste la Promessa“ schaffen bereits ihre sehr authentisch gesprochenen Sätze eine tiefgründige Emotionaliät, die in der folgenden Herzensarie „Addio del Passato“ in betörend schönen Klangfarben kulminiert. Federleicht koloriert Nadine Sierra in den Höhen in schimmerndem Pianissimo, nimmt es noch ein bisschen zurück, um dann in subtilstem Crescendo eine ungewöhnliche Spannung aufzubauen und in extrem langen Atembögen die Melodien sehnsuchtsvoll zu weiten. Das ist erste Sahne.
Donizettis „Lucia de Lammermoor“ gibt ihrer geschmeidigen, überaus flexiblen Sopranstimme noch mehr Raum sich zu entfalten. Die volkstümliche Melodie von „Quando Rapito in Estasi“ wandelt Nadine Sierra über ein euphorisches Jauchzen in eine transzendente Kolorationsexplosion, die weniger das Weinen als himmlische Freuden einer reinen Seele eröffnet, weil sie trotz höchsten Schwierigkeitsgrades herrlich unangestrengt bleibt. In irrlichternden Höhen zieht Nadine Sierra in ihren Bann über dem Orchester sphärisch schwebend, selbst wenn es wie beim Finale von „Spargi d´amaro pianto“ wuchtig donnert.
Wild bewegt zeigt Nadine Sierra bei Gounods drei berühmten Arien aus „Roméo und Juliette“ „Je veux vivre“, „Dieu! quel frisson court dans mes veines“ und „Amour, ranime mon courage“ neben dramatischer Expression, mitreißend tänzerische Rhythmik und durchpulste Melodieführungen.
Vor dem Hintergrund ihrer sängerischen Entwicklung, kombiniert mit ihrer sehr jugendlich sympathischen Erscheinung bietet Nadine Sierra alle Voraussetzungen für eine außerordentliche Karriere.
©Deutsche Grammophon
Die US-amerikanische Sopranistin wurde 1988 in Florida geboren. Ihr Gesangstalent erbte sie von der Großmutter. Diese durfte nicht singen, Nadine Sierra schon. Als die Mutter das Talent ihrer Tochter erkannte, bekam Nadine Sierra schon mit 6 Jahren Gesangsunterricht mit der Auflage täglich zu üben, was sie mit Begeisterung weit über die Zeit hinaus erfüllte. Mit 14 Jahren wurde Nadine Sierra bereits in die Nachwuchsförderung der Palm Beach Opera aufgenommen. Zwei Jahre später gab sie ihr Operndebüt. Obwohl sie immer wieder Rassismus und Mobbing erlebte, ging ihre Karriere steil nach oben. Sie gewann etliche internationale Wettbewerbe. 2019 kürte sie „Opus Klassik“ zur besten Nachwuchskünstlerin im Fach Gesang.
Ohne klassische Musik wäre ihr Leben „leer“, bekannte Nadine Sierra in einem Interview. Musik habe sie in schwierigen Lebensphasen immer gerettet. Diese Bedeutsamkeit von Musik möchte sie durch ihren Gesang weitergeben. Deshalb stellt sie ihr eigenes Leben ganz in den Dienst der Oper. Sie tritt öffentlich für Gleichberechtigung und Diversität ein. Der Titel ihrer ersten CD „There’s a Place for Us“ (2018) bietet dazu die konzeptionelle Basis.