Berlin/Bonn/Hamburg – Modellprojekt zur Digitalisierung von Konzerthäusern

Für Schabel-Kultur-Blog besucht Michaela Schabel regelmäßig die Konzerte im Pierre-Boulez-Saal Berlin.

©Peter Adamik

Das vom Center for Digital Cultures (CDC) der Leuphana Universität Lüneburg wissenschaftlich begleitete Projekt soll so Antworten auf die Frage geben, welche Rolle Kulturinstitutionen in einer digitalen Zukunft spielen können – vor Ort und online. Der Bund fördert das Projekt mit zwei Millionen Euro aus dem Zukunftsprogramm „Neustart Kultur“.

Ole Bækhøj, Intendant des Pierre Boulez Saals, betont die Notwendigkeit, kreativ mit der ungewohnten Situation umzugehen: „Die letzten Monate waren für uns alle eine unglaublich intensive Zeit. Aber wir haben schnell gespürt: Der digitale Wandel bietet auch die Chance, Konzertinstitutionen als gesellschaftlich relevante Orte neu zu denken. Der Pierre Boulez Saal steht für eine besondere Intimität und Nähe des Publikums zum Künstler. Wir freuen uns darauf, in diesem Geist Online- und Hybridformate zu entwickeln, mit denen wir Zuhörerinnen und Zuhörer auf der ganzen Welt erreichen können.“

Zentrales Anliegen der Verantwortlichen ist es, technologische Möglichkeiten für einen direkten Austausch zwischen Künstlerinnen und Künstlern und Publikum zu nutzen. Geplant sind Formate mit Klassik, Arabischer Musik und Jazz. Bereits in Arbeit sind eine E-Learning-Plattform zur spielerischen Beschäftigung mit arabischer Musik und ein multimediales Format zur jährlichen Schubert-Woche. Auch ein Vermittlungsformat für Alte Musik anlässlich des 500. Todestags des Renaissance-Komponisten Josquin des Prez gehört zur Planung. Ein besonderer Fokus liegt auf der Entwicklung digitaler Bezahlkonzepte und Membership-Angebote im Bereich kultureller Veranstaltungen.

Neue digitale Formate sollen Künstlerinnen und Künstlern zudem dabei helfen, ihr Auskommen künftig auch bei einem eingeschränkten Konzertbetrieb zu sichern.

Im Juli hat der Pierre Boulez Saal mit seinem Neue-Musik-Festival „Distance / Intimacy“ international für Aufsehen gesorgt: Über 140.000 Zuschauer – 75 Prozent davon außerhalb Deutschlands – verfolgten online zehn vorproduzierte Uraufführungen neuer Musikstücke, die live von den Kuratoren Daniel Barenboim und Emmanuel Pahud vorgestellt wurden. Für den Guardian war das Festival in Zeiten digitaler Streaming-Angebote „a wonderful example of what can be done.“ Die Financial Times bilanzierte mit Blick auf den kreativen Umgang mit der Pandemie: „(T)his festival of new music from Berlin is the most impressive offering so far.“