Paloma Zapata – „La Singla“ – eine einzigartige Flamencotänzerin

Filmkritik "La Singla" präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

©rise and shine cinema

Paloma Zapata nimmt Unterricht, um die Gebärdensprache von Taubstummen zu erlernen und besser in die taubstumme Welt La Singlas einzutauchen, die sie durch Fotos, Zeitungsberichte und Filme in Schwarz-Weiß dokumentiert und gegen die farbige Gegenwart klar abgrenzt. Sie sucht nach Menschen, die La Singla kannten, doch keiner weiß, wo sie geblieben ist, ob sie noch lebt oder schon tot ist. Im Internet findet Paloma Zapata den Namen ihres einstigen Managers Francesco Banegas, der ihr kistenweise Medienberichte und Fotografien zur Verfügung stellt, aus dem sie die Facetten La Singlas zu einem spannenden Dokumentarfilm zusammenpuzzelt. Ohne genaue chronologische Einordnung erhellt sie das Leben La Singlas punktuell, immer wieder unterbrochen durch gurgelnde Meeresfluten, die eruptiven Zapateados La Singlas und ihre traurigen dunklen Augen. 

Antonia La Singla wuchs in Barcelona in Samorostro, einem armen, verrufenen Zigeunerviertel zwischen Bahntrassen und Strand mit fünf Geschwistern auf. Der Vater kam nur sporadisch vorbei. Irgendwann verschwand er für immer, so dass die Mutter allein für alle zu sorgen hatte. Antonia erkrankte als Baby an Meningitis, was zu einer Schädigung des Trommelfells führte, wodurch sie wiederum nicht sprechen lernte, was ihr in späteren Jahren gelang. Aber ihr Weg begann in der Stille und das Image als taubstumme Tänzerin blieb. Schon als Kind war Antonia deshalb viel allein. Sie beobachtete sich oft vor dem Spiegel und tanzte sehr gerne. Sie hatte den Rhythmus in sich, schien die Schwingungen der Musiker und Sänger zu spüren. Als junges Mädchen tanzte sie schon vor anspruchsvollem Publikum und wurde, wo immer sie auch auftrat, begeistert gefeiert. Über Paco, einen Maler, bekam sie viele Kontakte. Es bildete sich eine Flamenco- und Künstlergruppe von „Verrückten“ heraus, die von Party zu Party unterwegs war. La Singla tanzte für Dalí, wurde von Marcel Duchamp und Jean Cocteau bewundert und ging mit Ella Fitzgerald auf Tournee. Es regnete Angebote. Das Rattern des Zuges ist in ihren wilden Zapateados zu hören. Die Spannungen in ihrer Seele entladen sich in den explosiven Beschleunigungen ihrer Escobillas. In Deutschland erfüllte sie sich ihren größten Wunsch, mit Jazzmusikern auf der Bühne zu stehen. Gerne würde man davon noch mehr sehen. Auf dem Höhepunkt ihrer Karriere taucht plötzlich eine dunkle Figur in ihrem Leben wieder auf, der Vater, der inzwischen in Frankreich mit einer anderen Frau elf Kinder hat. Er reißt das Management seiner erfolgreichen Tochter an sich und separiert La Singla von den anderen KünstlerInnen, die sie nur noch während den Aufführungen auf der Bühne sehen darf. Sie muss sich alles ganz alleine erarbeiten und ernährt ihre inzwischen 23 Geschwister. Nach zwei Jahren verschwindet La Singla von einem Tag auf den anderen. Es gibt es kein einziges veröffentlichtes Foto mehr mehr von ihr.

Durch Zufall findet Paloma Zapata über den im Spanischen seltenen Namen Singla Antonias Bruder in Barcelona und über ihn La Singla. Sie selbst erzählt ihre Geschichte zu Ende, die erschütternde Abgründe eröffnet, und bekennt lächelnd. „Ich war nie glücklich, immer traurig.“ Und wieder zeigt der Film Antonia als Mädchen am Strand, wie sie einen Drachen, Symbol für ihre Karriere, aber auch für ersehnte Freiheit hoch in die Luft fliegen lässt. Aber dieses Mal entreißt ihr ein frecher Junge die Leine, holt den Drachen ein und zertrampelt ihn. 

Mit „La Singla“ ist Paloma Zapata ein sehr berührendes Porträt der Tänzerin gelungen, in dem sich die Seele des Flamenco spiegelt. 

Ab heute, 2. November ist „La Singla“ in den deutschen Kinos zu sehen.