"Kultur macht glücklich"


Mehmet Akif Büyükatalays Thriller „Hysteria“ – wenn verschiedene soziale Welten aufeinanderprallen

Veröffentlicht am:

von

Mehmet Akif Büyükatalays Thriller „Hysteria“ – wenn verschiedene soziale Welten aufeinanderprallen

©Rapid Eye Movies

Ein Haus brennt. Filmisch wird das rechtsextremistische Attentat von Solingen nachgestellt. Drei Männer aus einem Flüchtlingsheim sollen…

in den Trümmern ihren spontanen Gefühle freien Lauf lassen, um die Authentizität des Films zu verstärken. Einer rastet aus. Das Filmteam ist berührt und begeistert. Als am Set ein verbrannter Koran gefunden wird, dreht sich die Stimmung. Die rassistischen Spannungen der filmischen Vergangenheit greifen auf die Gegenwart über. Dabei gerät die ehrgeizige Filmset-Praktikantin Elif (Devrim Lingnau), väterlicherseits Türkin, zwischen die Fronten undurchschaubarer Anschuldigungen und Verheimlichungen. Wer lügt wen warum an?

Elif ist als angepasste „Strebermigrantin“ angelegt. Sie verdrängt ihre Abstammung und möchte unbedingt Teil der Welt des etablierten Regisseurs Yigit (Serkan Kaya) und seiner Produzentin und Lebensgefährtin Lilith (Nicolette Krebitz) werden. Sie übernimmt jede zusätzliche Arbeit und darf deshalb in der luxuriösen Wohnung Liliths übernachten. Als sie den Wohnungsschlüssel verliert, der zwar gefunden, aber nicht zurückgegeben wird, beginnt die Geschichte für sie immer undurchschaubarer und bedrohlicher zu werden. Elif täuscht über ihren eigenen Fehler hinweg und wird selbst getäuscht.

Durch das Film-im-Film-Motiv offenbart Regisseur Mehmet Akif Büyükatalay sehr subtil und überzeugend die Verletzlichkeit der Menschen, aber auch ihre überzogene Hysterie, entfacht durch mediale Bilder, die das soziale Miteinander bestimmen und von verschiedenen Menschen sehr unterschiedlich interpretiert werden. Ganz bewusst wählt Büyükatalay das Genre des Thrillers, nicht wegen der Schuldfrage, sondern wegen der Explosivität der Thematik, die entsteht, wenn rassistische Feindbilder aufeinanderprallen, verbale Verletzungen vernarbte Wunden wieder aufreißen. 

Die Verbrennung des Korans rückt dabei immer mehr in den Mittelpunkt. Für die einen ist sie eine Entehrung, für andere ein Symbol der Freiheit. Dabei wird die Gegenwart von den Bildern der Vergangenheit eingeholt. Das flammende Inferno überrascht, spiegelt satirisch die explosive Kraft, wenn soziales Miteinander nicht gegeben ist, und wirft die Frage auf, wie wir in einer Welt mit so unterschiedlichen Meinungen und Weltbildern menschlicher miteinander umgehen können. 

Der Filmemacher und Produzent Mehmet Akif Büyükatalay (*1987) studierte Regie an der Kunsthochschule für Medien Köln. Sein Spielfilm „Oray“ wurde international gefeiert und auf der Berlinale 2019 mit dem renommierten GWFF-Preis für den Besten Erstlingsfilm, ausgezeichnet. Er gründete mit dem Produzenten Claus Herzog-Reichel die „filmfaust GmbH“, die sich durch bemerkenswerte Produktionen auf dem europäischen Filmmarkt etabliert hat, wie beispielsweise Cem Kayas „Liebe, D-Mark und Tod“ oder „Sirens Call“ des Regieduos Miri Ian Gossing und Lina Sieckmann.

Künstlerisches Team: Mehmet Akif Büyülkatalay (Drehbuch, Regie) Mit:  Devrim Lingnau, Nicolette Krebitz, Mehdi Meskar, Serkan Kaya, Nazmi Kirik, Aziz Çapkurt, Lola Klamroth, Sahin Eryilmaz

„Hysteria“ ist ab 6. November in den deutschen Kinos zu sehen.