"Kultur macht glücklich"


Medhi Idir – „Monsieur Aznavour“ – eine Stimme, die Generationen verzauberte

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Medhi Idir – „Monsieur Aznavour“ – eine Stimme, die Generationen verzauberte

©Weltkino Filmverleih

©Antoine Agoudjian

„Ich bin am Ende“ gesteht Charles Aznavour seiner Schwester am Telefon. Er blickt in Paris auf das Familienfoto und erinnert sich…

an seine Kindheit in Armenien, an die Feste zu Hause, an die Flucht, die tanzenden Eltern und die halb verhungerten Kinder, wie der Vater seinen Goldzahn verkaufte, um Essen für die Familie zu organisieren. Charles Aznavour wuchs als Flüchtlingskind, aber unter dem Schutz der Familie auf. „Solange wir eine Familie sind, kann uns nichts passieren“, tröstete der Vater ihn und seine Schwester. Diese Erinnerungen bildeten das Fundament für Charles Aznavours Werdegang. Aber es dauerte, bis er berühmt wurde. Noch heute gilt er als der bekannteste französische Chansonnier. Einmal gehört, vergisst man seine raue Stimme nicht mehr. Mit mehr als 1000 Liedern verzauberte Monsieur Aznavour über 70 Jahre hinweg mehrere Generationen.

Die Filmbiografie, für die sich Charles Aznavour (1924 – 2018) noch zu Lebzeiten das Drehbuch- und Regieteam Medhi Idir, Grand Corps Malade wünschte, spannt den Bogen von der Kindheit bis zu einem seiner letzten Konzerte.

Als der kleine Charles für ein paar Münzen an einem Theaterstück mitwirkt, entdeckt er sein Talent für die Bühne und beschließt Sänger zu werden, als Sohn armenischer Einwanderer ohne Geld und wegen seiner kratzig rauen Stimme ein ziemlich aussichtsloses Unternehmen. Niemand glaubt an ihn, als er mit seinem Freund Pierre durch die Pariser Kneipen und Kleinbühnen tourt. Erst als Edith Piaf auf ihn aufmerksam wird, scheint vieles möglich zu werden. Es geht bergauf und noch schneller bergab, als er keine Chansons mehr sie schreiben, sondern sie selbst singen wollte. Er setzte alles auf eine Karte, floppte mit seiner Testtour durch Frankreich, gab nicht auf, arbeitete besessen weiter, 17 Stunden jeden Tag. Er textete wunderbare Chansons, und eroberte mit „emenenz-moi“ das Pariser Publikum. Die Kunst „La Bohème“, im Duett mit Jonny Holiday gesungen, eröffnete ihm die Welt der Superstars. Was er anvisierte, gelang ihm, selbst die horrend hohe Gage wie Frank Sinatra. Die Arbeit war sein Leben. „Wenn ich nicht arbeite, bin ich tot.“ Mit 90 Jahren zog er einen Bühnenauftritt einer persönlichen Geburtstagsfeier vor.

Sehr subtil spielt Tahar Ramin Charles Aznavour. Die Ähnlichkeit ist gegeben und er kristallisiert sehr überzeugend die Charaktereigenschaften dieses Ausnahmekünstlers heraus, die Risikobereitschaft und unbändige Lebensfreude, die er vom Vater geerbt hatte, den grenzenlosen Ehrgeiz trotz miserabler Kritiken zu den Besten zu gehören. „Jeden Tag“, wollte er, „ein Lied schreiben und singen, bis die Kehle blutet“ und jeder Song sollte so sein, als hätte er ihn selbst erlebt. Den Rat seiner Mentorin Edith Piaf „Jeder richtige Mann geht seinen Weg allein“ berücksichtige Aznavour allerdings nicht. Dreimal heiratete er, doch er blieb, obwohl er die Frauen und Kinder vernachlässigte, ein Familienmensch. 

Dass er in zahlreichen Filmen, u. a.in François Truffauts „Schießen Sie auf den Pianisten“, Volker Schlöndorffs „Blechtrommel“ mitwirkte und er sich als Sohn armenischer Einwanderer als armenischer Botschafter in der Schweiz und ständiger Vertreter Armeniens bei den Vereinten Nationen in Genf sehr für seine Heimat einsetzte bleibt in diesem Film völlig ausgespart.

„Monsieur Aznavour“ ist eine Hommage an den Sänger, dessen Charisma schauspielerisch nicht ganz nachgestellt werden kann, wie sein finales Konzert mit Charles Aznavour live on Stage dokumentiert. Charles Aznavour war einzigartig. 

Künstlerisches Team: Grand Corps Malade, Mehdi Idir (Drehbuch, Regie), Vard Kakon (Musikalischer Leiter), Brecht Govvaerts (Chef-Kameramann), Isabelle Mathieu (Kostüme), Laure Gardette (Chef-Cutterin)

Mit: Tahar Rahim (Charles Aznavour), Bastien Bouillon (Pierre Roche), Marie-Julie Baup (Edith Piaf), Camille Moutawakil (Aida) u.a.

Ab kommenden Donnerstag, 20. Mai 2025, ist „Monsieur Aznavour“ in den deutschen Kinos zu sehen.