Mary Harron „Dalíland“

Filmkritik "Daliland" präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

©squarone

Dalí und seine Frau Gala überwintern wie üblich im renommierten New Yorker St. Regis Hotel einen Hofstaat von genusssüchtigen Partygästen um sich. In wenigen Tagen sollen durch eine neue Ausstellung die nötigen Finanzmittel für die Verschwendungssucht Galas beschafft werden. Doch Dalí feiert lieber Party als zu malen. Wegen seines guten Aussehens wird Gala auf James den jungen Galerie-Assistenten sofort aufmerksam. Er widersteht ihren sexuellen Avancen, ihn interessiert mehr der Maestro, der ihn bis zur Ausstellung als Assistenten abwirbt. James wird schnell Teil der exzessiven Partys, die Regisseurin Mary Harron durch eigene Erfahrungen in der New Yorker Punkszene als laszive, überaus ästhetische Ausstattungssequenzen in verschwenderischer Opulenz zwischen Sex und Koks bestens aufleuchten lässt und mit Dalí-Zitaten aufpeppt, dass der voyeuristische Einblick allmählich einer parodistischen Distanz weicht. Dalís Erinnerungen an die ersten Begegnungen mit Gala kulminieren in romantisch surrealen Kitschfrequenzen und der Kunstmarkt wird bei einer fröhlich ausgelassenen Bodypainting-Aktion mit Popo-Abdrücken in Serie ad absurdum geführt. 

Mit renommierten SchauspielerInnen, Ben Kingsley und Barbara Sukowa in den Hauptrollen, die maskenbildnerisch den Originalen verblüffend ähnlich sind, gewinnen Dalí und Gala trotz ihrer narzisstischen Extrovertiertheit eine sympathische Aura mit durchaus selbstironischen Facetten. In kleinen Gesten offeriert sich ihrer beider Verbundenheit, erklärt sich ihre enorme Exaltiertheit aus der Angst vor dem Altern und Verlassenwerden. Mitunter zittert Dalís Hand und ohne Hut wird Galas wirkliches Alter deutlich. 

In dieses Szenario vollkommen inszenierter und erstarrter Authentizitäten darf allein Christopher Briney als James natürliche Authentizität miteinbringen, aus dessen Perspektive und Entwicklungsstadien der Zuschauer die überspannte Vergnügungssucht miterlebt. Er entwickelt sich vom naiven, aber wissbegierigen Jüngling, zum absturzgefährdeten Mitläufer von Dalís Hofstaat und schließlich  zum seriösen Galeristen mit Klarblick. Insgesamt betrachtet bebildert „Dalíland“ das Traumleben eines Kunstgurus, ein gut gemachter Unterhaltungsfilm, der Dalís exzentrisches Image durch Ben Kingsleys Aura wohlwollend ironisch aufpeppt,  mehr nicht. 

Ab 7. September ist „Dalíland“ in den deutschen Kinos zu sehen.