Kino – „Exil“ – ein exzellentes Psychogramm

Filmkritik "Exil" präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

©Komplizen Film

Dabei spielt es gar keine so große Rolle, dass Xsafer, die Hauptfigur, aus dem Kosovo kommt. Am Fall eines Migranten lassen sich allerdings die psychischen Verletzungen noch deutlicher darstellen, weil gut gemeinte Aufmerksamkeiten als rassistische Diskriminierung schnell ins Raster des Mobbings fallen.

Ungewöhnlich subtil lässt Drehbuchautor und Regisseur Visar Morina das Publikum diesen Mobbingprozess aus der Perspektive Xsafers erleben. Kein Dialog ist zu viel, jede Kameraeinstellung eine Botschaft. Stille und beklemmende Pausen wirken als Ausdruck psychischer Pein, expressiv untermalt durch  Benedikt Schiefers Soundtrack aus perkussivem Hämmern und hohen Gesangslagen, um das zermürbende Hämmern im Kopf oder euphorische Gefühle auszudrücken.

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In Mišel Matičević´Gesicht wird jede Verletzung sichtbar und diese Verletzungen werden immer  intensiver, weil er alle Beobachtungen aus der Sicht eines Gemobbten interpretiert. Der Verdacht fällt auf einen Mitarbeiter, dann auf den Chef. Seine Frau Nora, von Sandra Hüller überaus authentisch und rational gespielt, verdächtigt Xsafer fremd zu gehen. Immer mehr verliert er die Bodenhaftung, verdunkelt sich seine Seele durch seinen Tunnelblick.

In dunklen, warm durchleuchteten Szenarien, wie aus einem Caraveggio-Bild fokussiert die Kamera immer wieder auf ein harmonisches, warm durchpulstes Familienleben, Nora als Mutter mit dem Baby an der Brust, Xsafer als Papabär, auf dem die beiden größeren Kinder herumturnen. Doch die Szenerie heizt sich auf. Gesichter oft schweißnass, verschattete Augen in Großaufnahme verweisen auf die Seelenpein beider. 

Nora, in Jeans und roter Bluse, der emanizpierte Frauentyp, kann seine Verdächtigungen durch ihr Wissen in ihrer Nichtigkeit schnell entkräften.

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Gleichzeitig befeuert sie, im roten Kleid sehr feminin, die Fremdgehszenarien ihres Mannes. Immer öfter rastet Xsafer aus, kein Wunder, wenn der ganze Briefkasten voll toter Ratten ist. Doch dafür trägt Xsafer selbst die Schuld, was nur der aufmerksame Besucher erkennt. Gerade in dieser engen Vernetzung von Täter und Opfer liegt die Qualität des Films, der über die filigranen Ebenen des Mobbings menschliche Verletzungen sehr wirkungsvoll enthüllt.