Film – „Ich bin dein Mensch“ von Maria Schrader

Filmkritik "Ich bin dein Mensch" präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

©Christine Fenzl

Ist die Archäologin Alma (Maren Eggert) noch ein Mensch oder schon eine aufgabengelenkte Maschine? Kann Tom (Dan Stevens), ein humanoider Roboter nach Almas Daten über Algorithmen speziell für sie als Idealpartner programmiert, Alma tatsächlich glücklich machen? Drei Wochen soll Alma Tom testen, damit der Ethikrat sich ein Urteil bilden kann, ob humanoide Roboter mit der Erlaubnis zum Leben produziert werden sollen. Wie perfekt humanoide Roboter bereits agieren und mittels künstlicher Intelligenz sich selbst ständig optimieren, enthüllt sich nicht zuletzt über die Mitarbeiterin der Firma, erstklassig, nonchalant spitzbübisch von Sandra Hüller gespielt. 

Mit außerordentlichem Gespür gelingt unter der Regie von Maria Schrader ein humorvolles Balancieren zwischen den Perspektiven der beiden Protagonisten, gleichzeitig zwischen alltäglichen Realitäten, romantischen Sehnsüchten und tiefgründigen Selbstreflexionen. Ihr wissenschaftlich analytisches Denken trifft auf seine weit umfassendere künstliche Intelligenz. Vor Toms Gelassenheit und gleichbleibender Freundlichkeit wirkt ihr Verhalten zuweilen konsterniert und übergriffig. Wenn er sie mit Szenarien überrascht, die  von romantischen Klischees triefen, spiegelt er nur ihre innersten Sehnsüchte.

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Doch während Tom sich bei jedem Satz bemüht Almas Wünschen zu entsprechen, ist sie selbst nur mit ihrem Ego und ihrer Karriere beschäftigt. Er behandelt sie wie einen geliebten Menschen, sie ihn wie eine Maschine, untergebracht in der Abstellkammer neben dem Staubsauger Maren Eggert und Dan Stevens spielen sehr subtil, überaus kontrastreich, mit humorvoller Spannung pointiert, sie zunächst als Zerrbild ihrer selbst, das zu sich findet, er anfangs unfreiwillig parodistisch, einen Tick zu mechanisch programmiert, dann immer smarter und geschmeidiger. Alma ist „nicht die beste Werbung für die  Spezies Mensch“. Ihre Tränen sind narzistisch, ihre Vorstellungen und ihr Verhalten von Klischees bestimmt.

Tom dagegen lernt schnell dazu, reagiert in jeder Situation großartig und wird immer sympathischer. Letztendlich kennt er Alma besser als sie sich selbst. Ihr Umfeld ist begeistert von ihrem wissenschaftlichen Kollegen, als den sie ihn vorstellt. Gefragt, wo sich beide kennenlernten, erfindet Tom eine Geschichte und realisiert damit sehr intelligent den Rat der Mitarbeiterin. Nur wer eine gemeinsame Vergangenheit hat, kann auch eine gemeinsame Zukunft entwickeln.

Schritt für Schritt nähert sich Alma Tom. Sie nimmt ihn sogar zu ihrem pflegebedürftigen Vater mit. Auf alten Fotografien kristallisiert sich eine Jugendliebe als Vorbild für Toms Programmierung heraus. In kluger Kombination will Tom später barfuß durch die Wiesen laufen.

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Als sie in der Sonne einschläft und aufwacht, sieht sie ihn mitten in einem Rudel von Hirschen und Rehen. Die Tiere wittern ihn nicht, eine wunderbare, fast surreale Schlüsselszene für dieses ambivalente Verhältnis von Seele und programmiertem Algorithmus. 

Die Kamera distanziert mit Weitwinkel auf den Alltag Almas, die unordentliche Wohnung in einem Plattenbau-Silo und kreiert zwischen Himmelstreppe des Berliner Futuriums und in der nächtlichen Atmosphäre unter den Säulenarkaden des Markttors von Milet im Pergamonmuseum poetische Bilder, die die Geschichte raffiniert zwischen Vergangenheit und Zukunft doch immer wieder in der Gegenwart verorten. Hier bestimmt der Mensch, Alma, das Geschehen. Obwohl Tom sie glücklich macht, schickt sie ihn weg. Sie will die Existenz von humanoiden Robotern nicht befürworten, weil sie durch ihre Perfektion den Umgang mit normalen Mitmenschen völlig untergraben und abhängig machen würden. Das bedeutet, Tom wird gelöscht. An dieser Stelle ist der Film noch nicht zu Ende. Ob  Toms Angebot „Ich bin dein Mensch“ über den offenen Schluss  denkbar ist, obliegt der Phantasie des Zuschauers.