©hanserblau, 2022
Anhand der Entwicklung der Kamera und ihrer Abbildungsmöglichkeiten spannt Sinthujan Varatharajah den Bogen von den Überfremdungsprozessen durch die Kolonialfotografie zur bereits kolonial manipulierten Selbstwahrnehmung der Tamilen, in denen sich die gesellschaftlichen Veränderungen und zunehmende Verelendung seines Volkes spiegeln. Die tamilische Bibliothek, das kollektive Gedächtnis der thansamilischen Kultur, wird von den Singhalesen abgefackelt. Unterdrückung und Gewalt bis zum Genozid zwingen die Tamilen zur Flucht. In Deutschland entdeckt Sinthujan Varatharajah in Zoos, Botanischen Gärten und Museen die eigene Kultur verpflanzt und als Exotikum zur Schau gestellt. Ein Elefant wird zur Metapher für die koloniale Verschleppung, Japan zum Symbol Kolonialismus als Machtmittel zu benutzen, um nicht selbst kolonialisiert zu werden. Durch seine essayistische, sehr doppelbödige Erzählweise überrascht Sinthujan Varatharajah immer wieder durch neue Blickwinkel. „an alle orte, die hinter uns liegen“ ist nicht nur informativ. Man beginnt die eigenen Betrachtungsmuster kritisch zu hinterfragen und gewinnt ein neue Einschätzung kolonialer Auswirkungen.
Sinthujan Varatharajah lebt und arbeitet als Essayist in Berlin. Er studierte Politische Geografie, kuratierte Veranstaltungsreihen, war mit der Forschungs- und Kunstinstallation „how to move an arch“ Teil der 11. Berlinale und Vorstandsmitglied des Beirats für Asylfragen der Europäischen Kommission. Über mehrere Jahre hinweg arbeitete er für verschiedene Menschenrechtsorganisationen.
Sinthujan Varatharajah „an alle orte, die hinter uns liegen“, hanserblau, Berlin 2022, 352 S.