©Verlag Theater der Zeit
Gewidmet ist das Büchlein seinen beiden Großmüttern, die eine begeisterte ihn für Hühnersuppe und über einen Besuch der „Madama Butterfly“ schon als Kind für die Oper, bei der anderen verlor er sich, eingekuschelt in Nerz und Futterseide der familiären Pelzmantelproduktion, in phantastische Geschichten. Koskys Faible für die Kunst befeuerten später die Sinfonien von Mahler, in denen er, fasziniert von der Symbiose von Trauermarsch und Volkslied, tragischen Gefühlen und leichter Unterhaltung, die ganze Welt entdeckte. Genau zwischen diesen Eckpfeilern verankert er jetzt seine Inszenierungen, in denen er alte Geschichten wie gegenwärtig Richard Strauss´ „Rosenkavalier“ an der Münchner Staatsoper ins Heute metamorphisiert. Zum Vorbild wurden ihm Richard Wagners Phantasmaorgien, insbesondere „Der fliegende Holländer“ und „Tristan und Isolde“ durch die Magie der Bilder und Töne.
Im Interview erzählt Kosky über noch „Mehr Ecstasy“. Nur als Intendant mit der Verantwortung für 450 Menschen agiert er analytisch. „Ein Intendant sollte nicht nach Ekstase suchen, ein Regisseur schon.“ Mit Leidenschaft erzählt Kosky vom ekstatischen Potenzial der „Rusalka“ , des „Feurigen Vogels“, von „Herzog Blaubarts Burg“ oder „Salome“ und natürlich von den SängerInnen und Chören, deren besondere Stimmen erst die Ekstase ermöglichen. Ekstatisch, oft kombiniert mit viel Komik wurde Koskys Entdeckungsreise durch die Operettenwelt der 20er Jahre. Bei der Inszenierung „Castor et Pollux“ kam durch Rameaus unvorhersagbare harmonische Wendungen eine sehr introvertiert Ekstase zum Vorschein. Nur Wagners Opern sperren sich gegen ekstatisches Erleben, solange der Wagnerkult mit seinem Pathos so im Vordergrund steht.
Jetzt, 14 Jahre älter würde Kosky keinen Teil 2 von „On Ecstasy“ mehr schreiben, eher ein Buch über das Lachen und noch später über „Melancholie“.
©Jan Windszus
Barrie Kosky wurde 1967 in Melbourne geboren. Nach dem Studium von Klavier und Kunstgeschichte wandte er sich der Opern- und Theaterregie zu. von 1990-1997 war er Künstlerischer Leiter der Gilgul Theatre Company in Melbourne und des Adelaide Festivals, von 2001-2005 Co-Direktor des Wiener Schauspielhauses und seit 2013 ist er Intendant der Komischen Oper Berlin. 2019 debütierte er mit „Orphée aus enfers“ bei den Salzburger Festspielen.
Barrie Kosky „On Ecstasy“, Verlag Theater der Zeit, Berlin 2021, 101 S.