©Michaela Schabel
Die Arbeiten wurden ganz bewusst nicht nach handwerklichen Techniken gruppiert, sondern so, dass sie alle bestmöglichst zur Wirkung kommen. Jedes Kunstwerk kann seine Aura entwickeln, wirkt zunächst durch Ästhetik, Form und Farbe, oft auch durch Narrative. Spätestens wenn man hinterfragt, wie die spezielle Wirkung zustande kommt, eröffnet sich die Frage nach der Technik. Steckbriefe, die jedem Kunstwerk zugeordnet sind, informieren über die Unterschiede von Lampen- und Ofenglas, Gravur und Schliff, Glas- und Hinterglasmalerei, Kröseltechnik und Fusing.
„Moment Act“ ©Michaela Schabel
Damit die Herstellung noch plastischer und haptischer wird, kann jeder Besucher am Werkzeugtisch, all das in die Hand nehmen, was ein Glaskünstler braucht. Mit sehr einfachen Werkzeugen entstehen beeindruckende Kunstwerke.
Unabhängig von der Herstellung überraschen die Objekte durch die Modernität ihrer Aussagen. Zwei Installationen fallen diesbezüglich besonders auf. Janhein van Stiphout macht mit „Verbotene Frucht“, 144 Glasfrüchte auf einem dürren Baum, das ökologische Desaster unserer Zeit deutlich und gleichzeitig visionäre Lösungen Unmögliches möglich zu machen. Mit 500 mundgeblasenen grauen Kugeln mit je zwei kleinen blauen Kugeln kreiert Olaf Schönherr Wassermoleküle als Metapher für die Verschmutzung der Flüsse mit Plastikmüll. Großartig eröffnet Michaela Maria Möller mit kleinen Glaskugeln, die eine Betonplatte durchbrechen, ein neues Wahrnehmungsbewusstsein von Glas. Konträr zum Ausstellungstitel hat Glas durchaus Kraft, ist bei der richtigen Technik stabiler als Beton.
Eine faszinierende Farb-Form-Ästhetik erzielt Gabriele Riester. Durch die schon in der Antike bekannte Technik des „Pâte de verre“ gelingen ihr einzigartige Schalen mit subtilen Farbtönungen und einkörnigen Strukturen.
©Michaela Schabel
Vergleicht man die Arbeiten von Zuzana Kubelkovás monolithischem Glasblock und Wilhelm Vernims raffinierter „Netz“-Kugel, versteht man auf einen Blick den Unterschied zwischen Schliff und Glas.
©Michaela Schabel
Die Ausstellung, in vielerlei Hinsicht eine Horizonterweiterung, ist bis 3. Oktober zu sehen. Zur Ausstellung ist ein attraktiver Katalog erschienen.