"Kultur macht glücklich"


Sachsen – Europäische Kulturhauptstadt Chemnitz – Zwickau 2025 punktet mit dem Gemeinschaftsprojekt „Purple Path“

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Sachsen – Europäische Kulturhauptstadt Chemnitz – Zwickau 2025 punktet mit dem Gemeinschaftsprojekt „Purple Path“

©Chemnitz-Zwickau 2025

In Chemnitz wagt man neue Wege. Bei der Bewerbung um den Status Europäische Kulturhauptstadt zu werden, stellte sich nicht die Stadt in den Vordergrund, sondern…

die ganze Region, zusammen mit Chemnitz 39 Kommunen aus Mittelsachsen, dem Zwickauer Land und dem Erzgebirge. Gemeinsam begann man vor fünf Jahren ein Konzept zu entwickeln, um die Vorzüge dieser Orte zu zeigen, die sich als eine überaus erfolgreiche und innovative Industrieregion in den letzten Jahrzehnten nach der Wende neu erfinden musste. 

Das Konzept eines regionalen Skulpturenparks überzeugte. Aber warum „Purple Path“? Das klingt schön, international, macht neugierig, weil die Bezeichnung bislang noch nicht inhaltlich belegt war und Lila im ausgeklügelten Farbkonzept des öffentlichen Verkehrs in Chemnitz noch nicht vergeben war, so dass der „Purple Path“ auf den entsprechenden Regionalkarten gut zur Wirkung kommt.

Jede Kommune präsentiert 2025 eine Skulptur, Installation oder Ausstellung. Über die Kunstobjekte werden Menschen neugierig, besuchen die kleinen Ortschaften. Wo es etwas Interessantes zu sehen gibt, ergeben sich Begegnungen und Gespräche. Historische Stätten, Strukturwandel, schöne Landschaften und die Menschen vor Ort rücken ins Bewusstsein. 

Die Skepsis war zunächst sehr groß. Jetzt sind die Einheimischen durch das Interesse der Besucher begeistert. Ländliche Orte jenseits der Touristenrouten werden plötzlich attraktiv, weil namhafte KünstlerInnen direkt an die ortsspezifischen Besonderheiten anknüpfen, wodurch Menschen ins Gespräch kommen, Klischees und Ressentiments zurechtgerückt werden, durch künstlerische Transformation aus respektvoller Erinnerungskultur neue Narrative erzählt werden. Aus der Perspektive „Alles kommt vom Berg her“ baut sich eine Wertschätzung der Region auf, die in den letzten Jahrzehnten der industriellen Krise und Abwanderung vollkommen verloren ging. Gerade die KünstlerInnen zeigen durch die Verwendung von Metall, Steinen, Schiefer undHolz die Verbindung der vom UNESCO-Welterbe geschützten Bergbaulandschaften und Hütten auf. 

Michael Sailstorfer, ein inzwischen international renommierter Künstler, in Niederbayern geborgen, jetzt in Berlin lebend, reflektiert durch seine 4,5 m hohe Rückspiegelinstallation „Fließgleichgewicht“ in der kleinen Erzgebirgsstadt Zschopau direkt am gleichnamigen Fluss die Gegenwart vor dem Hintergrund der Vergangenheit. Hier produzierte einst das größte Motorradwerk der Welt, die DKW. Im Sailsdorfer Spiegel ist davon nichts mehr zu sehen, nur die Menschen und Natur von heute. Der Titel der Installation verweist auf das physikalische Prinzip, dass sich Substanzen, Teilchen oder Energie in Systemen das Gleichgewicht halten, wenn gleich viele einfließen und ausströmen und thematisiert damit genau die Problematik der aufgelassenen Industriestätten in dieser Region. 

Schon seit den 1970er Jahren verwandelt der international berühmte britisch-deutsche Bildhauer Tony Cragg verwitterte Felsen, verschliffenes Holz oder vulkanische Rauchsäulen in ikonische „Stacks“ (Stapel), in denen erdgeschichtliche Strukturen die Komplexität moderner technischer Netzwerke assoziieren lassen, was durch den jetzigen Standort in unmittelbarer Nähe zum ehemaligen Wismut-Schacht 7b einen ganz realen Hintergrund bekommt, denn hier wurde bis 1947 aus 278 m Tiefe Uranerz für die deutsche Bombenproduktion und später für das sowjetrussische Atomkraftwerke abgebaut. 

70 Kunstwerke sind bereits installiert, bleiben für längere Zeit vor Ort und bilden die Basis für ein permanent wachsendes Freiluftmuseum, womit der „Purple Path“ zum Symbol eines nachhaltigen Kulturverständnisses im Sinne menschlicher Kommunikation und argumentativer Auseinandersetzung wird. 

Durch dieses Projekt wächst eine Region zusammen. Es entsteht eine neue Regional-Identität, in der im Gegensatz zur Ost-West-Vereinigung keine Kommune abgehängt, sondern jede gefördert wird. Bereits 20000 Besucher so viele wie noch nie besuchten bis Ende Mai das Museum Steinkohlenbergbau in Oelsnitz durch die Sonderausstellung „Melting Pot“ von Jazzmusiker und Fotograf Till Brönner.

Regionaler Skulpturenpark "Purple Path" um die Europäischer Kulturhauptstadt Chemnitz herum präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

©Michaela Schabel

Tanja Rochelmeyers Kunstinstallation „Glance“ aus 171 hochreflektierenden, bunten Tafeln erinnert in der Unterführung des Bahnhofs Flöha an die Geschichte der nahe gelegenen Baumwollspinnerei und führt zu deren ehemaligem und jetzigem Standort.

Wer Schönes entdeckt, will meist mehr davon sehen. Der „Purple Path“ lädt ein immer wieder zu kommen und zu ganz unterschiedlichen Jahreszeiten Kunst und Kultur zu genießen.