„Badende“ Gertrude de Alencar (1929) ©Gertrude de Alencar/Rechtsnachfolge, Foto: Wolfram Schmidt, Regensburg
Die Sommerausstellung „Fernweh“ folgt mit über 50 Werken, darunter auch Skulpturen ganz unterschiedlicher KünstlerInnen an die Orte ihrer Inspiration. Das sind in erster Linie Wiesen, Wälder und das Meer durch die Epochen des frühen 20. Jahrhunderts, verträumt und ornamental in den Bildern des Jugendstils, farbintensiv und leuchtend im Expressionismus. Die zeitgenössischen Fotografien schärfen den Blick für vertraute Realitäten, deren Strukturen und Details.
Gleichzeitig gibt die Ausstellung anlässlich des 50. Jubiläums der Ostdeutschen Galerie einen Einblick in deren vielfältige Sammlung und ergänzt die Präsentation der Dauerausstellung. Namhafte KünstlerInnen sind vertreten, darunter Emil Orlik, Walter Leistikow, Lovis Corinth, Clara Siewert, Adolf Hölzel, Ida Kerkovius, Ernst Mollenhauer, Karl Schmidt-Rottluff, Detlef Orlopp, Michael Bry, Magdalena Jetelová und der kürzlich verstorbene Christo.
Der Rundgang durch die Ausstellung eröffnet vier Themenbereiche. Für die KünstlerInnen des Jugendstils und des Symbolismus war die Natur vor allem ein Spiegel für persönliche Empfindungen. Durch Licht- und Farbeffekte deuten Walter Leistikow und Emil Orlik ganz differenzierte Stimmungen an. Clara Siewert bringt mit pastosen, wild aufgetragenen Farben mythische Urkräfte der Natur zum Ausdruck. In den poppigen, pinken Heuhaufen von Grete Csaki-Copony aus dem Jahr 1968 schwingt die Erinnerung an ihre einstige Heimat in Siebenbürgen mit.
Das Meer bildet als spektakuläres Naturphänomen einen eigenen Themenkreis. Karl Schmidt-Rottluff entwickelte in Nidden auf der Kurischen Nehrung an der Ostseeküste seinen expressionistischen Stil besonders in der Grafik weiter. Adolf Hölzel, einer der Vorreiter der ungegenständlichen Malerei, und seine Schülerin Ida Kerkovius fokussierten auf die Motivgruppe Schiff, Meer und Strand und experimentierten dabei mit vereinfachten Formen.
Aus dem Meerschaum geboren ist Venus, die Göttin der Schönheit und der Liebe eng mit dem Meer verbunden. Sie wurde zu einem beliebten Künstler-Sujet. Ihr ist ein Themenraum mit Bildern, Zeichnungen und Skulpturen gewidmet. Blickfang ist Lovis Corinths „Geburt der Venus“.
„Geburt der Venus“ Lovis Corinth (1923) ©Leihgabe der Bundesrepublik Deutschland, Foto: Wolfram Schmidt, Regensburg
Corinth lässt Venus mit leicht skizziertem Körper aus blauem Farbenrausch auftauchen. Andere Badeszenen am Strand zeigen sommerlich farbenfroh moderne Varianten der Venus.
Über „Land Art“ wurde in den 1960er Jahren die Landschaft selbst zum bildnerischen Mittel. Durch konzeptuelle Eingriffe verwandelte man Naturräume in Kunst. Der Kunstfotograf Detlef Orlopp konzentriert sich auf Formen in der Natur, die er mit natürlichem Licht in Szene setzt. Weltweit bekannt wurde dieser neue Umgang mit Natur, erweitert um das Sujet bekannter architektonischer Bauten, durch die Verhüllungsaktionen von Christo und Jeanne-Claude, deren Großprojekte durch Fotografien und Zeichnungen präsent sind.
Im letzten Ausstellungsraum bekommen die BesucherInnen noch einen medialen Einblick in die Opernperformance „Sun & Sea“, die bei der letztjährigen Biennale in Venedig mit dem Goldenen Löwen ausgezeichnet wurde. Museumsleiterin Dr. Agnes Tieze und Kuratorin Dr. Verena Hein interviewten die Künstlerinnen Rugilė Barzdžiukaitė, Vaiva Grainytė und Lina Lapelytė, die in einer künstlichen Strandszenerie, inspiriert von der litauischen Ostseeküste, Sorgen und Ängste vom Sonnenbrand bis zur Umweltkatastrophe über Gesang und Tanz thematisieren.
Zu sehen ist die Ausstellung „„Fernweh. Von Jugendstil bis zur zeitgenössischen Fotografie“ im Kunstforum Ostdeutsche Galerie bis 6. September 2020.