©Verena von Gagern-Steidle
Mit Kinderfotografien beginnt der Rundgang durch die Ausstellung. Die Kinder sind versunken in ihr Spiel, wirken ernsthaft, lachen nicht. Idylle und Abgrund treffen aufeinander. Auf der Hängematte schaukelnd aus ungewöhnlicher Atmosphäre fotografiert, den Kopf im Schatten scheint Unheil sich anzubahnen.
Verena von Gagern-Steidle selbst ist nur in ihrer Serie „Brautstück“ zu sehen. In ihrem winterlichen Brautkleid wie ein Engel fotografierte sie sich in desolaten Räumen, kargen Landschaften der USA. Träume, Visionen, Klischees zerschellen in der Tristesse des Alltags.
©Verena von Gagern-Steidle
Die „Geometrie des Ortes“ selektiert Verena von Gagern-Steidle mit der Kamera durch Fokus auf Raum, Zeit und Licht in eine sich ständig ändernde Wirklichkeit. In Neapel spürte sie dem „Wesen des Barocks“ nach und fand ungewöhnliche Motive, wie Totenschädel als Brüstungsfiguren. Setzt sie Stadtfragmente neu zusammen, prallen Heimat und Fremdsein aufeinander. In Moskau scheint eine heroisch vergoldete Gagarin-Skulptur, aus dem Taxi schräg fotografiert, in die Tiefe zu stürzen. Auf dem Flug nach China verschleiern über Afghanistan die Schäfchenwolken mit ihren Schatten die kriegerischen Blutspuren.
In den 80er Jahren ironisierte Verena von Gagern-Steidle „Die Lehrer der Natur“, indem sie museale Objekte neu arrangierte und mit der Polaroid-Kamera fotografierte. Als die digitale Fotografie sich immer mehr durchsetzte, übermalte sie einige dieser Bilder mit Blattgold als Hommage an die analoge Fotografie.
©Verena von Gagern-Steidle
Mit einer großen Polaroid-Kamera, von der es weltweit nur drei gab, entstanden durch „Alchemie“ Metamorphosen des Silberanteils in Kupfer erdfarbene abstrakte Farbbilder, die eher an Malerei als an Fotografien denken lassen.
Die Reduktion auf das Wesentliche macht den Charme von Verena von Gagern-Steidles Fotografien aus. Sie lichtet nicht Naturkatastrophen ab. Ein weißer Strich, wo die Kaimauer 2016 in New Orleans zerbarst, genügt, um die Wucht der Überschwemmungen fühlbar zu machen.
In den 90er Jahren realisierte Verena von Gagern-Steidle ihre Vision vom Leben auf dem Lande. Sie renovierte mit ihrem Mann einen alten Vierseithof bei Simbach am Inn, wurde Bäuerin und lebte fortan „zwischen Sense und Fotokamera“. Die Motive sind seitdem stark vom natürlichen Umfeld geprägt, zum einen als laute Ereignisse, den Stürmen, den Eingriffen der Menschen in die Natur, zum anderen als leise Stimmungen der „Lichtung“ und ihren poetischen Stimmungen.
©Verena von Gagern-Steidle
Die Ausstellung „Die Antwort des Bildes“ ist im Passauer Museum Moderner Kunst noch bis zum 31. Januar zu sehen.