München – „Ooooooooo-pus“ – zum ersten Mal ist Katalin Ladiks Werk im Überblick in Deutschland im Haus der Kunst zu sehen 

Katalin Ladiks Ausstellung "Ooooooooo-pus" präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

©Michaela Schabel

Heute provozieren ihre Arbeiten nicht mehr. Sie sind Zeitdokumente, die genauen Lesens und Hörens bedürfen, um ihre Botschaften zu entfalten. Sehr geprägt von der bilingualen Sozialisation erweiterte Katalin Ladik Sprache um formale, semantische, visuelle und klangliche Elemente. Aus Schnittbögen und Partituren machte sie Collagen als Metaphern für Einengung und Befreiung. Ihre eigene Nähmaschine wurde zum Symbol ihres feministischen Wirkens. Ihre Gedichte kombiniert mit phonischen Interpretationen offerieren ihre literarische und stimmliche Vielseitigkeit, dennoch ergeben sich im ersten Ausstellungsraum durch Wiederholungsstrukturen Langatmigkeiten.

Im zweiten Raum sind ihre Performances zu sehen, in denen sie die konventionellen Geschlechterrollen hinterfragt. Sich selbst präsentiert sie in weiblicher Nacktheit, aber auch in männlichen Posen, verführerisch und ignorantisch im voyeuristischen Umfeld, interessant vor allem vor dem sozialistischen Hintergrund Jugoslawiens mit seinen strikten Moralvorstellungen, die Frauen auf traditionelle Rollenmuster beschränkte. Wegen Unanständigkeit und Subversion wurde Katalin Ladik in den 1970er Jahren vom Regime angeklagt. Eine ihrer Reaktionen war die Performance „Screening Hole“, in der sie hinter einer Papierwand eine Anti-Striptease Performance präsentierte, die man zuerst nur hören und riechen konnte. Um sie zu sehen, musste man Löcher in das Papier reißen, weshalb man sie „die nackte Dichterin“ nannte. In der Raummitte ist Katalin Ladik in der Performance „Poemim“ auf acht extrem großen Fotografien mit verzerrter Mimik zu sehen, womit sie sich selbst karikierend und entsexualisiert zum skulpturalen Kunstobjekt macht, befreit vom Zwang zur Schönheit und Ästhetik.

Katalin Ladiks Ausstellung "Ooooooooo-pus" präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

©Michaela Schabel

In „Phonopoetica“ überlagert sie in Mehrfachaufnahmen und Loops Klänge und ihre eigene Stimme zu einem ganzen Orchester. In kleinen Auflagen wurden derartige Arbeiten als Vinylplatten produziert.

Der dritte und letzte Raum ist ihren folkloristischen, mythischen und religiösen Motiven gewidmet, deren alte Geschichten sie durch spezielle Materialien und Klänge in neue transformiert, die aktuelle Themen umkreisen. Mit Siliziumdioxid spannt sie den Bogen vom urzeitlichen Sand in die Silizium-Halbleiterwelt. In „Genesis“ verweisen Fotografien von alten Haushalts- und Bürogeräten, von der Schreibmaschine bis zum Computer auf den Aufbruch in ein neues technologisches Zeitalter. 

Es ist ein Wert an sich das Werk Katalin Ladiks kennenzulernen. Neue Erkenntnisse und Begeisterung kommen bei all dem allerdings nicht auf.

Die Ausstellung „Ooooooooo-pus“ ist noch bis 10. September im Münchner Haus der Kunst zu sehen.