"Kultur macht glücklich"


Landshut – „At the Edge“ – Arbeiten Christina Kirchinger und Melanie Siegel im Kunstverein Landshut

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Landshut – „At the Edge“ – Arbeiten Christina Kirchinger und Melanie Siegel im Kunstverein Landshut

©Melanie Siegel, Foto: Michaela Schabel

Beide Künstlerinnen verzichten auf Menschen und doch zielen ihre Bilder auf die Unbehaustheit der Menschen. In Öl und Acyrl entwickelt Melanie Siegel scheinbar sehr harmonische, alltägliche, aber auch extravagante Szenarien, in denen sich allein durch die Schattenwirkung bedrohlicher Schrecken hinter den Kulissen aufbaut. Auf den Liegen in einer Waldlichtung, auf aneinander gereihten Sitzen vor Büschen, am Pool umgeben von Bäumen könnte man sich durchaus wohlfühlen, wäre die Natur nicht so seltsam unscharf,  wuchernd, latent angriffslustig, als würde sie im nächsten Moment die von Menschenhand angefertigte Objektwelt verschlucken. Umgekehrt schlagen die Spielflächen einer großen Tennisanlage mit geometrischer Präzision gnadenlos Schneisen in den Wald. Ein bombastischer „Hausring“ ragt dominant als Wahrzeichen menschlicher Hybris über die Landschaft hinauf in den Horizont. Auf dem Dach erinnern skulpturale Elemente an architektonische Gigantomanien indigener Völker. Gleichzeitig machen die Stereotypie der Fenster und die dahinter zu erahnenden kleinen Zimmerstrukturen die Monotonie heutigen Lebensstils spürbar, während die Natur aus der Luftperspektive verzwergt. Jedes Bild erzählt eine andere Geschichte, die unsere Art und Weise zu leben überaus kritisch hinterfragt. Nur der „Schirm“ mitten im Wald wirkt wie ein Wegweiser in meditative Stille. Das Bild würde man als Seelenwärmer gerne zu Hause haben, allein es ist unverkäuflich. 

Zu dieser narrativen, farbintensiven Vielfalt bilden die reduzierten Kaltnadelradierungen von Christina Kirchinger einen sehr guten Kontrast. Man glaubt Zeichnungen zu sehen, aber die Konturen und Grautöne, ein monochromes Anthrazit und ein helleres Grau, das wie Transparentpapier wirkt, stammen nicht vom Bleistift, sondern von den unterschiedlichen Phasen des Produktionsprozesses mit Kaltnadel und Aquatinta.

Christina Kirchinger und Melanie Siegel im Landshuter Kunstverein präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

©Christina Kirchinger, Foto: Michaela Schabel

Ausgangsbasis sind Rechtecke, frontal oder diagonal, aus denen andere Rechtecke wie Türen architektonische Räumlichkeiten oder gedacht als Bücher Narrative eröffnen. In immer neuen Variationen von Hell und Dunkel, Licht und Schatten, Überlagerungen und Verzerrungen entwickelt sich das fragile Raumspiel zu einem reizvollen Gedankenspiel. Eine aufgeschlitzte Linie verwandelt imaginäre Dreidimensionalitäten in eine reale und lockt voyeuristisch den Blick dahinter, ohne dass etwas zu erkennen ist. Der Reiz der Bilder liegt allein darin den Linien und Formen zu folgen und sie zu erforschen.

Die Ausstellung „At the Edge“ ist noch bis zum 3.12. im Landshuter Kunstverein zu sehen.