„Upperclass“, Uli Schmid©Michaela Schabel
„Emilia“, ein Zebra, blickt im Profil fotografiert auf dem Cover des Ausstellungskatalogs in die Weite, als resümierte es nachdenklich, wohin sich die Kunst entwickelt, ein Leitgedanke, den…
die 1. Vereinsvorsitzende Ursula Bolck-Jopp über KI und Kunst im Vorwort weiterverfolgt. „Wohin?“ titelt Angelika Sobeck-Kistner ihr Treppenbild, das in nebulöse Höhen führt. Doch dieses Wohin zielt mehr ins Transzendente und die Arbeiten der 54. Jahresausstellung mit 44 Arbeiten von 33 KünstlerInnen des Landshuter Kunstvereins und den Sonderausstellungen der drei Gastkünstlerinnen in den beiden Kabinetten beruhen bis auf wenige Bilder auf klassischen Methoden und Materialien. Zwischen Sandra Trögers plakativen Raumbildern und Ursula Bolck-Jopps parodistischer Mini-Zeichnung entfaltet sich das breite Spektrum des Kunstvereins.
Einmal die Best-Auswahl der regionalen KünstlerInnen vor Ort sehen zu können, provoziert jedes Jahr aufs Neue eine große Erwartungshaltung, inwiefern sie sich weiterentwickelt haben, welche Akzente sie setzen, es neue künstlerische Handschriften zu entdecken gibt, so wie Paul Orsis „Le Coq“ mit Sepia Tusche auf Papier, ein naturalistisch parodistisches Meisterwerk. Mit Nina Seidel-Herrmanns „Perlendes Rauschen“ und Dagmar Löffls „Farbkoordinaten (Oleander)“ ist die abstrahierte Landschaftsmalerei in leuchtend emotionalisierenden Farbkompositionen bestens vertreten. Maria Izotova vermisst in „Fäden der Berge, Blick auf Karwendelgebirge“ in ungewöhnlichem Panoramaquerformat 40cm x 120cm das blaue Land mit subtilen grafischen Strukturen und entwickelt dadurch eine magische Parabel über die bizarre Umkehr der Größenverhältnisse von Natur und Zivilisation. Ute Haas konfrontiert den Zauber von „Abendlied mit Zitrone“ mit Pappe, die darunter auftaucht. Michael Lange kehrt zum Zeichnen und zu Boxsportmotiven zurück. Stefanie Reiter gelingt in „Buchenwald 1“ durch die Überlagerung von zwei Musterebenen ein raffiniertes Oszillieren zwischen der Schönheit des Waldes und dem Schrecken des ehemaligen KZs. Raimund Reiter experimentiert mit seiner ausgestellten Strichätzung mit mineralischen und organischen Strukturen, woraus sich ungewöhnlich plastische Effekte ergeben.
In der Fotografie fokussiert Geraldine Fisch auf architektonische Bauten, die durch Überlagerungen, ungewöhnliche Neigungswinkel und Perspektiven zu Eyecatchern werden. Von ihr stammt die Jahresgabe für 2024. Peter Litvais kombiniert schöne Architektur mit Streetart-Details, Säulenarkaden mit angeschnittenen Körpern.
Subtile, sehr ästhetische Papierarbeiten präsentiert Ferdinand Mühlbauer, die er aus geknickten Papierstreifen zu „Hyperbel“ und „Parabel“ formt und als Papier-Pixel atmosphärisch zu „Himmel-Blau“ und „Abend-Rot“ puzzelt. Birgit Buchner harmonisiert hinter Glas gemalt grelle Farbfelder.
Sehr gelungen ist dieses Jahr die Präsentation der Skulpturen, zumal Uli Schmids gesellschaftskritische Glasinstallationen „Upperclass“ und „Contenance“, ein Glasstapel in extremer Schräglage, Symbol alkoholisierten Zustands gerade vor dem Umkippen, trotz großen Formats durch das transparente Material dezent bleiben, ebenso Renato Rills „Trust me“, ein freihängendes großes Gewehr aus Reflektoren. Nikodemus Löffl zeigt zwei abstrahierte „Floß“-Varianten in Eiche bzw. Mooreiche, Siegfried Kreitner eine Minimalkinetik, Valentin Goderbauer mit „Mc Aloisius“, ein Fisch aus zersägten Deko-Balken, als Persiflage auf Ess- und Umweltverhalten.
Wesentlich mehr Raum bekommen die sehr kontrastreich ausgewählten Gastkünstlerinnen. Elisabeth Heindl verleiht dem Kabinett durch parallele, mit unterschiedlichen Abständen angeordnete, an Stahlbalken befestigte Gummischnüre eine rhythmische Energetik, die aus der Nähe betrachtet durch die Schattenwirkungen der Schnüre noch intensiviert wird.
Heike Schüler kreiert aus Wellpappe, inspiriert von der Natur sehr ästhetische Formen, die schwer wie Keramik wirken, gleichzeitig subtil wie feine Stoffgewebe und beweist einmal mehr, wie man Abfallprodukte in Kunst verwandeln kann.
Eva Czerwenka arbeitet mit dem selben Material, aber in Kombination mit Karton.
„Emilia“, Eva Czerwenka©Michaela Schabel
Mit Farbstift und Acryl bemalt gelingen ihr wunderbare Tierskulpturen als Parodie auf menschliche Verhaltensweisen. Ein Gorilla mutiert zum „Henry V.“ Groteske Menschenskulpturen suggerieren durch Optik und Titel wie bei „Der König denkt“ das Gegenteil. Jeder Besucher kann seine ganz persönlichen Favoriten in dieser 54. Jahresausstellung entdecken.
Die 54. Jahresausstellung des Kunstvereins Landshut ist noch bis 15. Dezember in der Großen Rathausgalerie zu sehen.