©Michaela Schabel
Ein besonderer Clou ist Michael Schmalfuß mit der Präsentation von Edward B. Gordons großformatigen Alltagsszenen gelungen, die der Künstler ansonsten nur über soziale Netzwerke zeigt, deren psychologische Ebene sich live natürlich viel intensiver entwickelt. In Öl mit fotografischer Prägnanz gemalt spiegelt sich im Blick und in der Haltung seiner Großstadtmenschen mitten in dichten Verkehrsszenarien das Flirren zwischen vibrierender Erwartungshaltung und depressiver Enttäuschung. Eine Waffe auf dem Boden vor den blitzblank polierten Männerstiefeletten bindet lässig elegant urbane Clan-Kriminalität in die Ausstellung mit ein.
©Edward B. Gordon, Foto Michaela Schabel
Ganz anders, konträr zur üblichen Verkehrshektik visioniert Hartmut Kiewert urbanen Raum als knallbuntes Miteinander auf gleicher Augenhöhe von Mensch und Tier. Hindustischer Lebensstil mit heiligen Kühen, einst Symbol entwicklungswürdiger Zustände wird hier zur globalen Vision konträr zum Lifestyle zwischen Disneykonsum und plakativer Streetart.
©Hartmut Kiewert
Dazu passen Hannes Mussners Holzskulpturen. Eine schlanke Frau durch Astronautenhelm abgeschirmt karikiert der Titel „EsWurdeLicht“. Das Kind bunt, der Hund schwarz lackiert beschwört die Doppelskulptur „Abraxas“ (siehe Teaserbild) Dämonen herauf. „Patrick 2020“ blickt übergewichtig, geschrundet vom Leben mit leerem Blick in die Weite, den weder die Catway-Hochglanz-Schönheiten von Holger Jacobs noch Elvira Bachs expressiv emanzipierte Frauen oder Peter Tripps fotografierte VIPs beleben können.
©Hannes Mussner
Einen zweiten Schwerpunkt der Ausstellung bildet die urbane Stadtarchitektur. Mit Thomas Hillers dokumentarischen Fotografien, die in Schwarz-Weiß durch gleißendes Licht wie Farbaufnahmen bzw. wie gemalt wirken. Mit seinem präzisen Blick für architektonische Formen erschließt er Berliner Bauwerke und Ensembles von der ästhetischsten Seite. In der Blickachse schräg davor Friedemann Grieshabers Betonobjekt „Schichten“ zu stellen, weitet den Blick auf vergangene und inzwischen wieder visionäre urbane Strukturen.
©Michaela Schabel
Umgekehrt wirken Hannah Bechers in Acyrl gemalte Bilder „Gasometer“ und „Teufelsberg“ wie Fotografien.
©Hannah Becher
Fotografisch dokumentiert werden die märchenhaft gigantomanischen Video-Mapping-Installationen Philipp Geists erlebbar, womit er architektonische Bauten im urbanen Raum in bewegte malerische Lichtskulpturen verwandelt.
©Philipp Geist
Durch Verdichtungsarchitektur in den Metropolen der Welt collagiert mit traditionellen Strukturen und illusionären Visionen spielt Verena Guther mit Realität und Täuschung, Fakten und Möglichkeiten.
In den Ölbildern des russischen Malers Nikolai Makarov lösen sich Bildmotive und Narrative auf. Er entmaterialisiert die Dinge, Menschen, Landschaften und Bauten. Markante Stadtsymbole wie der Berliner Fernsehturm oder Friedensengel sind in diffus apokalyptisch durchglühten Lichtstimmungen nur mehr schemenhaft in ihrem ikonischen Charakter erkennbar.
©Nikolai Makarov
Anja Ganster eröffnet ganz neue Wahrnehmungen von dem, was wir normalerweise sehen, indem sie durch transparente Überschneidungen von Außen- und Innenansichten ungewöhnlich warm durchwirkte atmosphärische Szenarien kreiert, die zuweilen eine angenehm geheimnisvolle Aura ausstrahlen, von der man sich magisch angezogen fühlt, weil man diese Bilder in wohltuenden Lichtstimmungen wie Sehnsuchtsorte der eigenen Seele erlebt.
©Anja Ganster
Es stellen aus : Anja Ganster, Philipp Geist, Edward B. Gordon, Friedemann Grieshaber, Verena Guther, Thomas Hillig, Holger Jacobs, Hartmut Kiewert, Nikolai Makarov, Hannes Mussner, Jan Sobottka, Roland Stratmann, Jan Peter Tripp und das Künstlerkollektiv 3Steps.
Weitere Bilder werden in der sehr gelungenen digitalen Präsentation auf der Webseite der Galerie Schmalfuss präsentiert. Die Ausstellung ist noch bis 8. Januar zu sehen.