©Staatliche Museen Berlin, Foto: Michaela Schabel
Was haben ein 30 kg-schwerer Reformationsteppich, ein gefälschter van Gogh oder demontierte Fassadenelemente des Palasts der Republik miteinander zu tun? Was auf den ersten Blick sonderbar anmutet, gibt durch das Konzept der Ausstellung durchaus einen Sinn. Es kommt auf den analytischen Perspektive an. Je nach Fokus auf Oberflächen, Materialtechnologie, Wertewandel und Herkunft enwickeln sich „(Un)seen Stories“, völlig neue Geschichten.
„Weißes Papier ist nicht immer weiß.“ Je länger es der Sonne ausgesetzt ist, desto stärker verändert es sich. Die Oberflächen der meisten Materialien verändern sich. Dazu kommen Fragen, was ist überhaupt original, warum wurde manches nachträglich bearbeitet und verändert. Mittels Strahlendiagnostik oder Mikroskopie ergeben sich oft erstaunliche Überraschungen. Gerade durch die Gegenüberstellung von motivgleichen Werken von unterschiedlichen KünstlerInnen erkennt man die Unterschiede.
In eine spannende Detektivarbeit verwandelt sich oft die Materialuntersuchung im Rahmen der Restaurierung. Ein imposantes Beispiel, Highlight der Ausstellung, ist dafür das Gemälde „Dame mit Kind“ (1910) des Secessions-Künstlers Fritz Rhein von seiner Frau.
©Staatliche Museen Berlin, Foto: Michaela Schabel
Man fand dahinter die „Dame auf dem Sofa“ (ca. 1905), ebenfalls seine Frau, und über Röntgenuntersuchungen des neu entdeckten Bildes wurde noch eine dritte, im Hochformat konzipierte und übermalte Version sichtbar.
©Staatliche Museen Berlin, Foto: Michaela Schabel
Um sein Kunstwerk vor dem NationalsozialistInnen zu verstecken, schnitt Conrad Felixmüller das Kernmotiv seines Gemäldes vom „Redner Otto Rühle“ aus der Leinwand. Es ist ein Paradebeispiel wie Kunstwerke durch den sozio-kulturellen Wandel neu bewertet werden. Das belegen auch die Gemälde von Horst Strempel, die in der ehemaligen DDR nicht dem Anspruch des sozialistischen Realismus entsprachen. Statt in eine Ausstellung wanderten sie in einem Keller.
Im Rahmen der Provenienzforschung verschieben sich Postionen, Kunstwerke kehren an ihre ursprünglichen Besitzer zurück. In diesem Kontext wird der leere Rahmen des „Bildnis von Sophie Laroche“ zum Symbol unrechtmäßiger Aneignung. Im Jahr 2000 wurde das Bild an den Alteigentümer zurückgegeben.
Eine schlichte „Gewandnadel“, die im Zuge der Verdrängung der Mapuche in Chile im 19. Jahrhundert nach Berlin kam, erzählt heute aus der Perspektive der Nachfahren und deren Beziehung zum Objekt eine ganz andere Geschichte als einst.
„(Un)seen Stories. Suchen, Sehen, Sichtbarmachen“ ist im Kupferkabinett des Berliner Kulturforums noch bis zum 25. August zu sehen.