©Michael Wesely
Einmal die Fotografien von Michael Wesely gesehen, erkennt man sie sofort wieder. Seine Art Raum und Zeit fotografisch einzufangen ist ganz speziell. Für seine neue Ausstellung präsentiert „Michael Wessely: Berlin 1860 – 2023“. Im Vorfeld durchforschte er Fotoarchive über Berliner Architekturen aus dem 19. und 20. Jahrhundert.
In zwei neuen Werkkomplexen legt der international bekannte Künstler passgenau seine eigenen Aufnahmen über historische Fotografien, wodurch atmosphärische Zeitsprünge gelingen. Alte Bausubstanz, zerbombte Ruinen werden von wiederaufgebauten, neuen Architekturen oder Grünzonen überblendet. Ladenbesitzer, Flaneure von einst treffen auf Geschäftsleute und Touristen von heute, erkennbar durch die unterschiedlichen Modestile.
Anhand von Kirchturmspitzen, exponierten Lagen und Plätzen kann man viele Fotografien zuordnen. Doch sie erzählen ganz neue Geschichten.
©Michael Wesely
Je nach Lichtstimmungen und Farbakzenten vermitteln die Fotografien urbane Lebendigkeit oder melancholische Tristesse, mitunter wirken sie gespenstisch, wenn moderne Autos vor ruinösen Bauten parken. Trist ist der Blick von der Siegessäule auf die winterkahlen Bäume und die Betonkästen des Hansaviertels. Der Tiergarten mit alter Biergartenbestuhlung bekommt im Schein der alten Lampen eine märchenhafte Poesie.
Die Arbeiten der Serie „Human Conditions“ beruhen auf den großformatigen Aufnahmen der Preußischen Messbildanstalt um 1900. 40 x 40 cm groß verschwanden bei diesen Fotografien durch die Langzeitbelichtung Menschen, die sich bewegten. Wesely präpariert diese schemenhafte Umrisse heraus.
Umgekehrt verwischt er in „Demonstrationen“, einem älteren Werkzyklus, durch längere Belichtungszeiten die Menschen. Sie werden zur bunten Masse oder zum roten Dunst, der körperlich für die Polizei nicht mehr fassbar ist. Diese Arbeiten kontrastiert er mit historischen Aufnahmen von Demonstrationen.
Daneben präsentiert das Museum für Fotografie Weselys Zyklus zum Leipziger und Potsdamer Platz, der die Entstehung des neuen Stadtquartiers von 1997 bis 2021 verfolgt.
Die Ausstellung „Michael Wesely: Berlin 1860 – 2023“ ist noch bis Sonntag, 1. September im Museum für Fotografie zu sehen.