©Michaela Schabel
Nicht das Gegenständliche, Figurative interessiert Werner Claßen. Nach den figurativen Bildern seiner Kindheit und Jugend fand er…
in der Abstraktion seinen ganz persönlichen Stil über verschiedene Schaffensphasen hinweg, in denen er eine Vielzahl von Serien meist ohne Titel kreierte. „Von ganz wenigen Momenten abgesehen, arbeite ich absolut spontan, impulsiv und völlig gegenstandslos“, so Claßen. Die Neugier, was spontan entsteht, lässt ihn immer wieder Grenzen überschreiten. Inzwischen blickt er auf 50 aktive Schaffensjahre.
Claßen hat wie sein Großvater schon immer gern gezeichnet. Seine Kunstnote war stets „sehr gut“. Er wollte Kunst studieren, aber die Ausbildung an der Akademie München zum Kunstlehrer an Gymnasien bedeutete damals noch lange keine Anstellung. Das war dem Vater zu lang, zu unsicher, zu teuer. Claßen wurde Volksschullehrer. Einen Buchstaben werbemäßig zu verfremden, ein Arbeitsauftrag für den Kunstunterricht, faszinierte ihn so, dass er in die konstruktiv-geometrische Malerei einstieg, die ihn 20 Jahre lang faszinierte und 1991 von der informellen Malerei abgelöst wurde. Zwischendurch waren realistische Phasen, aber die Abstraktion blieb seine Leidenschaft.
2012 entdeckte Claßen, inspiriert von dem Ausstellungsmotto „200 Jahre Volksfest“, die Schüttbilder. Er nannte sie „Rauschbilder“, wiewohl er keinerlei Affinität zu Alkohol hat. Berauscht hat ihn vielmehr die avantgardistische Musik des 20. Jahrhunderts, vor allem die von Olivier Messiaen, Luciano Berio, György Ligeti und Luigi Nono. „Diese Musik ist so komplex, dass ich vom logischen Denken wegkomme“.
Mit einem Becher schüttete Claßen Airbrushfarbe, teilweise mit einer zweiten Farbe kombiniert, aber weder geschüttelt noch gerührt, auf eine farbig grundierte Leinwand. Dann ließ er die Farben trocknen und wiederholte den Prozess, ergänzt durch Tuschfarbe, um die Schlierenbildung zu intensivieren. Dabei bewirkt schwungvoller Gestus lineare Farbdichte und viele Farbschichten ergeben eine besondere Farb-Raum-Wahrnehmung. Ekstatische Momente kollidieren mit kontrollierten Akzenten. „Meine Arbeiten sind Spuren einer persönlichen Suche.“
Die „Serie Conclusion“ mit lebendigeren, intensiver leuchtenden Farbtönen, aber noch sehr farbharmonisch sieht Claßen als Resümee seiner Rauschbilder. Ab 2021 intensivierte er sie durch kraftvolle Farbkontraste zu imposanten „Farbimpulsen“.
Seit letztem Jahr malt Claßen nur noch digital mittels Glitch-Effekten, mit denen er Fotos und Videos als freie Farb- und Formspiele am PC verfremdet, abstrahiert, mit Musik unterlegt und wieder in die Realität zurückführt. Seine ersten beiden Art Movies, „The Five Towers“ und Wasser“, wird er im November bei einer Gemeinschaftsausstellung im Straubinger Weytterturm der Öffentlichkeit präsentieren.
Wie umfangreich Glaßens kreatives Schaffen ist, zeigt sein vier Kilo schwerer Kunstkatalog „grenzenüberschreiten“, in dem er seinen Werdegang und alle seine Projekte präsentiert. Als Schlussgedanken zitiert er Nono. „Das Suchen ist wichtiger als das Finden“. Erhältlich über werner.classen@gmx.net