"Kultur macht glücklich"


Berlin – Musical „Die Amme“ – Romeo und Julia aus der Sicht der Amme im Theater des Westens

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Berlin – Musical „Die Amme“ – Romeo und Julia aus der Sicht der Amme im Theater des Westens

©Theater des Westens, Stage Magaement

„Heute ist ein guter Tag, um glücklich zu sein“, singt Steffi Irmen und sogleich fängt das Publikum Feuer. Als Kellnerin arbeitet sie in einer gut besuchten Trattoria. Ein imaginierter letzter Gast will nicht…

gehen. Es ist Shakespeare. Die ganze Wahrheit von „Romeo und Julia“ möchte er wissen und so beginnt die Kellnerin, alias Steffi Irmen in mitreißender Leidenschaft mit pantomimischer Expression und theatralischer Dramatik zu erzählen. Als Dienstmädchen kam sie zu den Capulets. Mit Julias Geburt avancierte sie zur Amme. Nach ihrem Tod gab man dem Pfarrer und ihr die Schuld. Ganz Verona hasst sie. „Das bin ich“, bekennt sie in einem flotten Song, verzweifelt wegen ihrer Schuld und trotzdem lebensfroh.

Die originelle Idee, das Musical „Romeo und Julia“ aus der Perspektive der Amme zu erzählen, stammt von Peter Plate und Ulf Uwe Sommer, den Intendanten des Berliner Theaters des Westens. Es war als Experiment mit kurzer Laufzeit konzipiert. Doch die Premiere war so erfolgreich, dass „Die Amme“ vom künstlerischen Team noch einen Feinschliff bekam und jetzt im Spielplan steht, parallel zur Wiederaufnahme von „Romeo und Julia“ auf dem Programm steht, von Steffi Irmen großartig umgesetzt, auf Anhieb ein Publikumsrenner. 

In „Romeo und Julia – Liebe ist alles“ spielte sie 2023 die Nebenrolle der Amme. „In Ku´damm 59“ brillierte sie als Regisseurin Christa Moser und jetzt endorpheniert sie solistisch das Publikum im Theater.

In virtuosen Stimmlagen spielt sie ein halbes Dutzend Rollen, nur begleitet von der Live-Band und immer wieder vom rhythmischen Mitklatschen des Publikums. 

Einfach getextet, rhythmisch sehr flott komponiert zündet jeder Song, Sie versteht es, durch ihr starke Bühnenpräsenz und ihre direkten Interaktionen mit dem Publikum geschickt die Stimmung aufzuheizen. Dazwischen sorgen einfache, aber sehr effektvolle Spiel- und Tanzsequenzen für humorvolle Unterhaltung und neue fiktive Erkenntnisse.

Der Streit der Montague und Capulets entstand durch den Selbstmord vor dem Hintergrund einer erkannten, aber nicht ausgelebten homosexuellen Neigung. Durch die Geburt Julias kann die Amme die Trauer über den frühen Tod ihrer einzigen Tochter überwinden und erlebt 13 glückliche Jahre. Grund genug für ein begeistertes „Halleluja“. Und das Publikum lässt sich anstecken und singt mit.

Nach der Pause erscheint Irmen als Amme noch stattlicher, mit noch pralleren Hüften, die sie kess schwingt. Eine riesige Haube verkörpert ironisch ihre höhere Position im Hause der Capulets. 

Die Balkonszene verwandelt sich ironisch in eine anzügliche Reiterszene. Alle Versuche der Amme, Julia und Romeo zu trennen scheitern und Irmen schmachtet als Julia „Ich will ihn, ich brauch nichts mehr.“ Gleichzeitig schwebt ein weißes Hemd symbolisch für Romeo ein. Den Schluss kennt man. Die Liebe ist unbarmherzig und trotzdem ist die Botschaft eine Hommage an die Liebe „Hast du noch einen Tag, dann lass es Liebe sein. Liebe ist alles, was wir haben.“ 

Musik: Dominik Franke (Dirigent, Piano), Imogen Harvey (Cello), Ludwig Kociok (Gitarre), Katrin Mickiewicz (Violine), Dominik Mostert (Bassgitarre)