©Komische Oper Berlin, Foto: Monika Rittershausen
Bootsführer Anatol Brown hat das Nevada-Hotel im Hafen von San Francisco geerbt. Die reiche Unternehmerin Xonga Miller will es ihm abjagen, was…
durch die Solidarität von Browns Freund:innen und den Hafenarbeitern in letzter Minute verhindert werden kann. Aus dieser einfachen Idee entwickelte DDR-Komponist Guido Masanetz (1914-1995), eine der erfolgreichsten Operetten, denn Stücke über den Klassenkampf mit Typen aus der Gesellschaft waren infolge des Mauerbaus politisch überaus nachgefragt.
Die Urfassung „Wer braucht Geld?“ kam schon 1956 im Metropol-Theater, dem berühmtesten Revue- und Operettentheater in Berlin Ost, auf die Bühne. Aber erst die überarbeitete Neufassung „In Frisco ist der Teufel los“ brachte 1962 den Durchbruch, mit der sich das DDR-Regime gegen die „kapitalistische Verblödungsindustrie“ abgrenzen wollte, was derzeit viele zeitgenössische Anbindungen ermöglicht.
Die Komische Oper will die Tradition der „heiteren DDR-Operetten“ wiederbeleben. Nach Gerd Natschinskis bejubelter Inszenierung „Messeschlager Gisela“ gelingt „In Frisco ist der Teufel los“ erneut ein Publikumshit. Die librettomäßig flott aufgepeppte, semikonzertante Inszenierung kommt bestens an, auch bei Menschen, die noch die DDR-Version kennen.
Christoph Marti, optisch eine Mischung aus Marlene Dietrich und Marilyn Monroe, wird als Xonga Miller zum Unikum kapitalistischen Narzissmus’. Sie betrügt alle und nützt sie gnadenlos aus. „Reich wird man nur, wenn die anderen arm bleiben.“ Daran hat sich nichts geändert. Dass Miller an der Solidarität der Arbeiter scheitert, ist dagegen nostalgische Vergangenheit und die DDR-Botschaft „Heute siegt das Gute!“ kippt vollends ins Ironische ab.
Durch witzig typisierte Kostüme, rasante Choreografien passend zum flotten Sound gelingt Regisseur Martin G. Berger eine quirlige Präsentation entlang der Rampe, die den Wunsch nach einer vollständigen Operetten-Inszenierung gar nicht erst aufkommen lässt, aufgrund der simplen Handlung auch kaum vorstellbar ist.
Im Vordergrund stehen die Songs, jeder ein Revue-Highlight für sich, ein darstellerisches Sprungbrett für spezielle Talente, voller Energie und Humor, passend zur Musik an DDR-Verhältnisse angepasst. Es wird getanzt, gesteppt, geröhrt, mit wiegenden Hüftschwüngen sexualisiert und textlich ironisiert. „Der Mensch ist schlecht, da hat der alte Brecht recht.“
Unter dem Dirigat von Kai Tietje darf das Orchester der Komischen Oper vorwiegend im Fortissimo auftrumpfen, was den grellen Charakter der Präsentation unterstreicht, aber die musikalische Ausgewogenheit stört. Trotz großer Textdeutlichkeit der Sänger:innen sind die Songs zuweilen schlecht zu verstehen und der große Chor, hinter dem Orchester platziert, wird ebenfalls nur schwach wahrgenommen. Sehr gelungen leuchten dagegen die Gershwin-Anlehnungen auf. Kombiniert mit Videoprojektionen von US-amerikanischen Hafenarbeitern werden Ausbeutung und Großstadthektik spürbar.
Doch der begeisterte Applaus gilt der vergnüglichen Seite dieses „heiteren Operettenabends“, der einen interessanten Einblick in dieses DDR-Unterhaltungsgenre gibt.
Künstlerisches Team: Kai Tietje (Musikalische Leitung), Martin G. Berger (Szenisches Arrangement), Ester Bialas (Kostüme), Martina Borroni (Choreografie), Marie-Christin Zeisset (Choreografie, Stepptanz), Sophie Jira) (Dramaturgie), Inga Dietel (Chöre), Johannes Scherfling (Lichtdesign)
Mit: Alexander von Hugo , Sophia Euskirchen, Tobias Joch, Alma Sadè, Christoph Späth, Christoph Marti, Hans Gröning, Yauci Yanes Ortega, Jan-Frank Süße, Sascha Borris











