©Wilfried Hösl
In „Tango Diablo“ fusioniert Erwin Schrott Oper und Tango auf Augenhöhe und man merkt, wo sein Herz am meisten schlägt und die Augen am stärksten blitzen – beim Tango.
Die Atmosphäre ist trotz manch witzig teuflischer Projektion durch die großen Kerzenleuchter vor monochrom chargierenden Farbhintergrund allerdings weniger diabolisch als romantisch. Vollmond erstrahlt und wandelt sich vor der Pause in eine schmale Sichel. Die Erde dreht sich von Europas Opernwelt nach Südamerika in die Heimat des argentinischen Tangos, den Erwin Schrott, Sohn spanisch-uruguayischer Eltern mit deutschen Wurzeln, charmant auf Englisch parlierend überall auf der Erde verortet.
Dramatisch beginnt das Konzert mit Fréderic Chopins „Marche funèbre“. Und schon horcht man auf. Michael Häringer, Urururenkel von Franz List, erst 17 Jahre alt, ist ein Hörerlebnis der Extraklasse und zeigt sich in einer Eigenkomposition nach Franz Liszts „Mephisto-Walzer“ als berauschender Komponist impressionistischer Klangmalerei.
Souverän, mit Charme, verführerischem Timbre, glühendem Bariton und abgründiger Tiefe singt Erwin Schrott die berühmten Mephisto-Arien aus den Faustopern Charles Gounods, Hector Berlioz´, Giacomo Meyerbeers. Mehr noch, Erwin Schrott kreiert rasante Eigenarrangements. „Vous qui faites l´endormie“ wird mit dem venzuelanischen Gitarristen „alla Paco de Lucia“ flamencojazzig durchpulst. In „Que les songes hereux“ aus Fréderic Gounods „Philémon et Baucis“ lässt er mit dem argentinischen Bandoneonspieler Santiago Cimadevilla „alla Astor Piazzolla“ den Tango aufleuchten. Nahtlos gleiten die klassischen Arien in improvisierendes Grooven, wobei Erwin Schrott seine Musiker voller Begeisterung wie bei einer Jazzsession vorstellt. Staatsoper einmal ganz anders!
Noch viel emotionaler gestaltet sich der zweite Teil. Wenn auch der Teufel im Hintergrund plakativ ironisch wie eine Revuereklame irrlichtert und später als gehörnter Tänzer Tangoklischees bedient und gleichzeitig persifliert, fokussiert Erwin Schrott auf nostalgisch melancholische Tango-Sehnsucht, die den Tango so berührend macht.
©Wilfried Hösl
Arrangiert für Bandoneon, Gitarre und Klavier, jetzt mit Claudio Constantini, der auch das zweite Bandoneon spielt, trifft von allen acht Liedern „Oblivion“ mitten ins Herz, mit „Gracias a la vida“ die zwei einzigen aus seiner CD „Rojotango“. So zart und einfühlsam von hauchdünnen Bandoneontönen umflirrt, wie Erwin Schrott „Oblivion“ singt, ist eine absolute Rarität. Gleich darauf ist er wieder der lässige Strahlemann, mit der Hand in der Hosentasche, umtriebig die Bühne auf und abspazierend, immer wieder dirigierend, glücklich, dass er das Publikum so begeistern kann. „Gracias a la vida“ kommt aus ganzem Herzen.