©zu Klampen Verlag 2025
Die woke Ideologie, die sich seit der letzten Ampelkoalition breit gemacht hat, überdrehte im Rahmen von überzogenem Rassismus auch…
die postkoloniale Selbstbeschuldigung. Dabei währte die deutsche Kolonialgeschichte nur 35 Jahre, so Mathias Brodkorb. Erst 1884 begann der deutsche Kaiser in Afrika sogenannte „Schutzgebiete“ zu errichten und verlor diese bereits 1919 nach dem Ersten Weltkrieg an die Siegermächte. Für die kolonialen Aktivisten war damit die deutsche Kolonialzeit nicht vorbei.
Mathias Brodkorb recherchierte vor Ort, besuchte die ehemaligen Völkerkundemuseen der postkolonialen Wiedergutmachung im deutschsprachigen Raum und entdeckte dabei, wie Fakten, die nicht ins Bild passen verschwiegen und Dokumente gefälscht wurden. „Viele Museen sind zu ‚Ideologiemaschinen‘ geworden“, resümiert er und beweist seine These anhand von sorgfältig recherchierten Beispielen, wodurch die falsche Schwarz-Weiß-Malerei bezüglich der kolonialen Versklavung enthüllt wird.
Schon unter Reichskanzler Bismarck war die Entsklavung das Ziel. Wegen der rebellischen Aufstände arabischer und afrikanischer Sklavenhändler wurden in Sansibar, dem Zentrum des Sklavenhandels die Deutschen um Schutztruppen gebeten, in denen Afrikaner mitkämpften, was beispielsweise im Filmepos von Lars Kraume „Der vermessene Mensch“ verschwiegen wurde. (https://schabel-kultur-blog.de/kino/berlin-section-berlin-special-lars-kraume-der-vermessene-mensch-erhellt-die-graeuel-deutscher-kolonialgeschichte/). Die realen Verhältnisse waren viel komplexer als sie im Film dargestellt werden.
Im MARKK Hamburg versucht Barbara Plankensteiner den „musealen Flohmarkt“ ethnologischer Kunst für 123 Millionen € attraktiver zu machen, wobei die neuen Ausstellungen bislang immer in den bisherigen Täter-Opfer- Schablonen erfolgen und nur belanglose Bezüge zur Gegenwart schufen, die längst medial über diverse Kanäle zu eruieren sind.
Brodkorb weiß indes andere, sehr interessante Geschichten zu erzählen, in denen sich die Komplexität der unterschiedlichen Kulturen spiegelt und Kulturverständnis vermittelt und gleichzeitig die Parteilichkeit von Ausstellungen offeriert wird. Papua-Neuguinea wünscht keine Rückgabe der Malagan-Holzskulpturen, denn sie wurden für die Überführungszeremonien der Toten geschnitzt und verbrannt und dann wertlos. Brodkorb erzählt Kameruns Geschichte, wie sich in Wien durch die Sammelleidenschaft des Kronprinzen Franz Ferdinand die größte ethnologische Sammlung anhäufte, dass sich die wichtigsten Duala-Stämme in Kamerun freiwillig unter die Kolonialherrschaft der Deutschen begeben wollten, weil unter ihnen selbst jeder Streit in Krieg endete, dass sie Sklavenhandel betrieben und eine Apartheitsgesellschaft zwischen den freien Duala und den Sklaven hatten.
Über die Biennale in Venedig 2024 spannt Brodkorb den Bogen von der postkolonialen Opfer-Täter-Konstellation zur Migration. Nach dem Motto „Jeder Versuch, die Bewegung von Personen zu kontrollieren“ ist ein „Akt der Entmenschlichung“, ist jeder, der Migration verweigert, ein „Rekolonialist“.
Als Resümee der detaillierten Recherchen outet Brodkorb juristische und moralische Begründungen für die Restitution als politisches Machtspiel, um Verbündete in einer immer komplexeren Weltlage zu gewinnen, Rückgabe als „Schmiermittel der Weltpolitik“, wobei die Museumsdirektoren zu politischen Akteuren werden. Inzwischen sind die Herkunftsländer weniger an den Kultobjekten interessiert, die durch die Deportation längst ihre kulturelle Symbolik verloren haben. Stattdessen werden endlose Kompensationsforderungen gestellt, damit gleichzeitig die weiße Schuldenlast zementiert und irrwitzige Restitutionsprojekte initiiert.
Im Museum Leipzig sammelte man 40000 €, um halben Stein vom Kilimandscharo zurückzuführen. Dafür könnten aus dem Nord-Sudan etwa 1000 versklavte Frauen und Kinder freigekauft werden. Brodkorbs „Postkoloniale Mythen“ offerieren die Manipulationen einer zunehmend manipulierenden, ideologisierten woken Gesellschaft.
Mathias Brodkorb (*1977) studierte Philosophie und Altgriechisch. Von 2002 bis 2019 war er Landtagsabgeordneter in Mecklenburg-Vorpommern für die SPD. Von 2011 bis 2016 Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur, dann zwei Jahre lang Finanzminister. Er lebt als freier Publizist in Schwerin. Im zu Klampen Verlag publizierte er „Der Abiturbetrug“ (2020) und „Gesinnungspolizei im Rechtsstaat?“ (2024).
Mathias Brodkorb „Postkoloniale Mythen , zu Klampen Verlag, Springe 2025, 272 Seiten