©Kammerspiele Landshut, Foto: Stefan Klein
Auf zwei kleine Bühnen im Foyer, räumlich getrennt, kommen sich Gerhard und Lélé näher. Er hat ein Hundehalsband über das Internet bestellt. Sie hat es in der…
der Justizhaftanstalt ohne Haftung angefertigt. Aus dem formalen Dankschreiben entwickelt sich ein immer intensiver werdender Briefkontakt. Beide sind einsam. Er lebt mit einem Hund, sie ist auf den Hund gekommen. Er blickt auf ein erfülltes Leben, sie fand die Liebe nur für eine kurze Zeit.
Im vergangenen Jahr wurde Sathyan Rameshs Briefroman „Lélé“ im Berliner Renaissance-Theater uraufgeführt, Anfang Mai dieses Jahres als Hörspiel des Monats von ARD, SW und ORF ausgezeichnet. Jetzt ist der fiktive Dialog zweier extrem unterschiedlicher Menschen im Kleinen Theater Kammerspiele Landshut zu sehen.
Mit Rudi Knauss und Nicola Trub bestens besetzt gelingt ein unaufgeregter, berührender Theaterabend unter der Regie von Sven Hussock. Alternierend lesen beide die Briefe des anderen vor. Wer spricht, ist im Spot. Ganz nah, nur ein, zwei, drei Meter entfernt erlebt der Zuschauer ganz genau, wie aus einem höflichen Dankbrief, einer rigorosen Zurückweisung und folgender Schreibpause eine regelrechte Schreibeuphorie entsteht. Obwohl alle Briefe in der Justizanstalt kontrolliert werden, erzählen beide ganz offen, was sie bewegt, aber immer mit der nötigen sprachlichen Contenance, wodurch sich im Gegensatz zum rauen Ton der Social Media eine wohltuend nostalgisch charmante Atmosphäre entwickelt.
Brief um Brief entlockt Gerhard dem H. der Unterschrift den Vornamen Helene und die Verwandlung in Léné. Liebevoll tituliert er sie als Burgfräulein. Ihr gefällt seine Anrede mit dem Kosenamen Lélé, den ihr der Vater gegeben hat. Seit seinem Verschwinden aus ihrem Leben nennt sie sich Helene. Gerhard macht sie wieder zu Lélé. Anfängliche Schüchternheit und Widerstände weichen der Freude über die Geschichten des anderen wieder in das Leben eintauchen zu können. Gerhard (Rudi Knauss) wird immer humorvoller und vitaler, Lélé (Nicola Trub) immer offener und fröhlicher. Sinnbildlich spazieren sie durch die Zuschauerreihen, zunächst in verschiedene Richtungen. Sie nehmen Blickkontakt mit dem Publikum auf, suchen aber jemanden anderen. Nur einmal begegnen Gerhard und Lélé, wobei er ihr väterlich über die Haare streicht.
Die Briefe und damit verbundenen Phantasien, die aufbauende Anteilnahme am Schicksal des anderen werden trotz Gerhards Alter und Lélés Eingesperrtseins zur energetischen Kraft das eigene Leben wieder in die Hand zu nehmen und Sehnsüchte zu realisieren. Das Stück vermittelt Lebensmut und garniert mit der Poesie der Inszenierung und der schauspielerischen Authentizität wenigstens einen Theaterabend lang die Leichtigkeit des Seins.
Künstlerisches Team: Sven Hussock (Regie), Claudia Weinhart (Bühne, Kostüme), Maske (Irene Geyer),
Mit: Rudi Knauss, Nicola Trub