"Kultur macht glücklich"


München- „Fine Dining“ – ein lukullisch musikalischer Liederabend im Max-Joseph Saal der Münchner Residenz als denkwürdiger Abschluss des „Hidalgo-Festivals“

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München- „Fine Dining“ – ein lukullisch musikalischer Liederabend im Max-Joseph Saal der Münchner Residenz als denkwürdiger Abschluss des „Hidalgo-Festivals“

©Hidalgo Festival, Foto: Max Ott

Klein, aber fein, cremefarben, mit Stückarbeiten und imposanten Kristallleuchtern ausgestattet gilt der Max-Joseph-Saal als Perle in der Münchner Residenz und als exklusiver Rahmen für klassische Konzerte, ganz Ausdruck königlicher Lebensweise. Entsprechend stellt man sich den angekündigten kammermusikalischen Abend „Fine Dining“ vor. Doch gibt es wirklich etwas zu essen? Und für wen? Der Liederabend des Hidalgo-Festivals wird zum sozialkritischen Szenarium der Weltlage…

Fast ausverkauft nimmt ein Teil der Gäste wie bei einer Hochzeitstafel in U-Form Platz. Nein, es wird nicht gleich begonnen, erst auf das Schnipsen hin eines scheinbar betrunkenen, auf den Tisch gekippten Managertyps, alias Tenor Nikolaus Pfannkuch als herrischer Egomane, der seine Lakaien Bariton Tobias Lusser und Sopranistin Kerea Motseri herumkommandiert. Wie einst der König schwelgt er in Saus und Braus. Die Gäste bekommen Pappteller und Plastikbecher vorgesetzt.

Aus den klug ausgewählten Liedern von Bachs gebieterischem „Schweigt stille, plaudert nicht…“ über Mahlers „Irdisches Leben“ bis zu Rathgebers Liedern aus dem „Augsburger Tafelkonfekt“ entwickelt sich ein zeitkritisches Szenario der Vergangenheit, in dem sich die Gegenwart spiegelt. Die Liedtexte, insbesondere von Valentin Rathgeber kreisten schon in der Barockzeit ironisch um Geld und Genuss. Überraschend verließ der Mönch das Kloster, um nach neun Jahren Weltenlust über deren Folgen sinierend wieder zurückzukehren. „Die Bettelzech“ bezahlt das Volk. Einer schwelgt, die anderen darben. Das ist die Bruchstelle, auf die „Fine Dining“ fokussiert. Ein Stückchen Weißbrot gibt es, mehr nicht, dazu die irritierten Blicke mancher Gäste. So wird die ungerechte Verteilung der Massengüter unmittelbar erlebbar. Die Botschaft kommt an.

Konzertkritik "Fine Dining" beim Higaldo Festival in der Münchner Residenz

©Hidalgo Festival, Foto: Max Ott

Einmal mehr beweist das Hidalgo-Festival mit „Fine Dining“ seinen innovativen Ansatz, klassisches Liedgut selbst in herrschaftlichen Räumlichkeiten neu zu interpretieren. Unter der Regie von Projektleiterin Laetitia Lüke gelingt ein witzig nachdenkliches Event, bei dem die drei SängerInnen und die Pianistin ein spannendes Szenario aufbauen, durch unterschiedliche Tonlagen und kraftvolle Stimmen brillierten.

Mangelnde Textverständlichkeit infolge der extremen Raumakustik wurde durch Textprojektion an die Wand ausgeglichen, Längen durch die Refrainstrukturen durch schauspielerisches Agieren und Positionswechsel, wobei das Stimmvolumen sehr unterschiedlich wahrnehmbar wurde, sich aber im sängerischen Dreieck bei sich abdunkelnder Raumbeleuchtung ein spannendes Finale aufbaute, von Pianistin Rebeka Stojkoska am Flügel je nach Thematik feinfühlig melodisch oder dynamisch kraftvoll begleitet. Alles in allem ein gelungenes Experiment mit nachhaltiger Wirkung, das dem künstlerischen Anspruch des Hidalgo-Festivals gerecht wird, als innovative „Formatschmiede“ die Brüche unserer Gesellschaft zu hinterfragen.