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Potsdam – „Maurice de Vlaminck. Rebell der Moderne“ im interessanten Vergleich zu seinen Vorbildern im Museum Barberini 

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Potsdam – „Maurice de Vlaminck. Rebell der Moderne“ im interessanten Vergleich zu seinen Vorbildern im Museum Barberini 

Man kennt Van Gogh, Matisse, Manet, Monet, Cezanne, Pissarro. Aber Maurice de Vlaminck? Als Rennradfahrer, Boxer und Geigenspieler verdiente Maurice de Vlaminck (*1866 in Paris, † 1958, Ruehl-la Gadelière ) das Geld für seine Familie. Über seinen Freund, den Maler Derain, kam er zur Malerei und wurde durch die Teilnahme am Salon d’Automne und die Zuordnung zur Pariser Avantgarde, die der einflussreiche Kritiker Louis Vauxcelles als „cage aux fauves“ (Käfig der Wilden) zum Tagesgespräch machte, zu einem „Rebell der Moderne“. Noch war der Bildaufbau akademisch, aber die zügellose Verwendung leuchtender Farben ein absolutes Novum. Seine Version von „Frau mit Hut“ war ein Schock für die BesucherInnen der Salons. 

Die Ausstellung, für die vier Jahre recherchiert und 73 Exponate aus 50 international renommierten Sammlungen angefordert wurden, zeichnet Maurice de Vlaminck weniger als Außenseiter und Einzelgänger, wie er selbst sein Image pflegte, vielmehr geprägt von seiner Zeit. Als Autodidakt studierte er seine berühmten Zeitgenossen, insbesondere Van Gogh, thematisch und stilistisch sehr genau, was man durch motivgleiche Bilder in der Ausstellung sehr gut sehen kann…

„Die Boote“, Maurice de Vlaminck, 1905©VG Bild-Kunst, Bonn 2024, Foto: Michaela Schabel

Bildinhalte sollten nicht mehr nachgemalt, sondern in subjektive Empfindungen umgewandelt werden. Farben verwendete man wie „Dynamitpatronen“. Wie Van Gogh drückte Vlaminck reine, ungemischte Farbe aus der Tube direkt auf die Leinwand. Dynamische Linienführung und starke Farben kennzeichnen seinen Malstil. 1908 wendete er sich vom Fauvismus ab, dem Impressionismus zu. Ein kleines Intermezzo mit kubistischen Bildern, in der Ausstellung im Vergleich zu Picasso, zeigt ironische Züge. Über den Expressionismus entwickelte Vlaminck nach dem ersten Weltkrieg einen ganz eigenen postimpressionistischen Landschaftsstil, nicht wie üblich als Freizeitraum der Bourgeoisie, sondern als Naturraum und Affinität zum ländlichen Leben und Arbeiten. Wie Matisse malte er pointillistische Farbflächen, deren motivliche Klarheit auf Ferne angelegt sind, in der Nähe als reine Farbflächen wirken. 

Für Kurator Daniel Zamani ist Vlaminck „ein bedeutendes Scharnier zwischen Im- und Expressionismus“. Vlamincks Werke wurden während des Zweiten Weltkrieges aus deutschen Museen entfernt. Trotzdem nahm er eine Einladung der deutschen Propagandastaffel nach Deutschland an, wobei er die nationalsozialistische Kulturpolitik anspries und gegen die Moderne reaktionär polemisierte, mit ein Grund, dass er an Popularität verlor und sein Spätwerk immer noch nicht erforscht ist. 

Düster, deutlich vom Kriegsgeschehen dominiert sind Vlamincks späte Bilder. Er interpretierte Monets „Getreideschober“ und Van Goghs „Weizenfelder“ durch wesentlich dunklere Farben.

Ausstellung Maurice de Vlaminck im Potsdamer Barberini präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

„Die Getreideschober“, Maurice de Vlaminck@VG Bild-Kunst, Bonn 2024

„Der Brand“ (1945) im Dorf flammt alles ab. Fünf Jahre später malt er die „Ansicht von Saint-Maurice-lès-Charencey im Schnee, der das Dorf wie ein Lawine durchschneidet. Mit derart expressiv-traditionellen Bildern wendet er sich ganz bewusst von der Moderne ab.

Zeitgleich präsentiert das Barberini in Kooperation mit dem Berliner Kupferstichkabinett und als interne Werbung für die große „Pissarro-Retrospektive“ 2025 im Barberini „Der andere Impressionismus des Camille Pissarro“. Anders sind Optik und Motive. Statt leuchtende Malerei Grafiken in Schwarz-Weiß, statt Licht Sonne und Natur, Dampf, Smog und Schatten durch die zunehmende Industrialisierung. 

Der Ausstellungskatalog beinhaltet die Ergebnisse eines Symposiums, das im Museum Barberini stattfand. 

„Maurice de Vlaminck. Rebell der Moderne“ ist noch bis 12. Januar zu sehen.