Berlin – August Bournonvilles „La Sylphide“ getanzt vom Berliner Staatsballett

Ballettkritik "La Sylphide" präsentiert von schabel-kultur-blog.de

Frank Andersen ist weltweit verantwortlich für alle Interpretationen „La Sylphides“. Seine Einstudierung mit dem Berliner Staatsballett an der Deutschen Oper zeigt wie allerliebst und herzerfrischend ein Ballett über Epochen hinweg noch wirken kann.

Vor romantischer Kulisse entsteht ein getanztes Bilderbuch. Eine geflügelte Luftfee verliebt sich am Vortag seiner Hochzeit in einen schottischen Edelmann. Versunken im Schlaf in einem großen Ohrensessel eines schottischen Herrenhauses erscheint sie ihm im blütenumrankten Fenster. Wer könnte dem Charme dieser zierlichen Sylphide widerstehen. Er will sie umarmen, doch immer wieder entzieht sie sich ihm und plötzlich entschwindet sie im Kamin. Das fröhliche Treiben der Hochzeitsvorbereitungen verdunkelt sich, als eine alte Hexe der Braut weissagt, dass ihr Bräutigam eine andere mehr liebt als sie, was sich schnell offenbart- Die Fee entschwindet mit dem Hochzeitsring in den Wald, der Bräutigam flugs hinterdrein. Als er sie trotz der Abwehr der anderen Sylphiden mit einem Schal der alten Hexe an sich zieht, muss sie sterben. Verlassen und verzweifelt, zieht seine Braut mit anderem Bräutigam vorbei, will er die alte Hexe töten. Doch sie tötet ihn.

Es ist weniger die tänzerische Hochleistung als der tänzerische und pantomimische Liebreiz, wodurch „La Sylphide“ die Herzen berührt. Das große, stummfilmhafte expressionistische Pathos der Hexe (Aurora Dickie), die einzige Figur, die nicht tanzt,  kontrastiert mit den neckischen, doch überaus kraftvollen, schwebend weiten  Sprüngen und sehr hoch gehüpften  Pirouetten des Bräutigams (Marian Walter), der endorphinisiert ganz aus dem Häuschen ist. Zerbrechlich zart wie eine kleine Fata Morgana tanzt Maria Kochetkova o.G. zwischen Neugier, Verwunderung und mädchenhafter Hingabe die Luftfee. Auch ohne Pas des Deux entwickeln beide eine herzinnigliche Beziehung, deren gestische Botschaften trotz ihrer altmodischen Weise authentischen nonverbalen Charme entwickeln.

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©Yan Revazov

Die nostalgischen Bühnenbilder und Kostüme (Marie i Doli) entführen in Waldromantik mit brodelndem Hexentopf, morgendlichen Nebelfeldern, taufrischen Lichtungen im schrägen Morgenlicht.

Temperamentvoll, ausgelassen tanzt das Corps de Ballet  den schottischen Hochzeitstanz in ständig variierenden Zweier- und Vierergruppen samt der Kinder als fröhliches Dorfspektakel mit rhythmischen Stampfschritten, dann den Reigen der 18 Sylphiden mit schwebender Eleganz. Federleicht, verspielt wirken die technisch komplizierten Schrittkombinationen. Grazil, mit natürlicher Anmut umrahmen Arme und Flatterhände den tänzerischen Ausdruck.

Präzise und lyrisch unterstreicht das Orchester der Deutschen Oper Berlin unter dem Dirigat von Hendrik Vagn Christensen die narrativen  und tänzerischen Sequenzen. Die vor allem in der Ouvertüre arg fanfarisch auftrumpfenden Pauken und Bläser sind schnell vergessen.

Wer sich auf ein Herz-Schmerz- Märchen einlassen kann, erlebt einen zauberhaften, ganz unverstaubten Ballettabend.