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Potsdam – „Modigliani. Moderne Blicke“ – eine spannende Neuinterpretation seines Werks im Museum Barberini

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Potsdam – „Modigliani. Moderne Blicke“ – eine spannende Neuinterpretation seines Werks im Museum Barberini

„Liegender Frauenakt auf weißem Kissen“, Amedeo Modigliani 1917, Öl auf Leinwand©Staatsgalerie Stuttgart, Foto: Michaela Schabel

Schon die Anzahl von 56 Arbeiten überrascht, denn Modiglianis Oeuvre ist wegen seines frühen Todes relativ klein. Manche Bilder werden kaum noch verliehen, weil sie schon „reisemüde“ sind und die Belastungen durch den Transport Schäden verursachen könnten. In Deutschlands Museen gibt es nur ganz wenige Arbeiten von ihm. Das erklärt, dass der letzten Modigliani-Ausstellung 2009 in der Bonner Kunsthalle keine weiteren folgten. In „Modigliani. Moderne Blicke“ hängen 48 Leihgaben aus 12 Ländern. 

Die Ausstellung umfasst neben den Zeichnungen und Akten Modiglianis 33 Arbeiten seiner Zeitgenossen. Ohne Text werden Kunstwerke gegenüber gestellt, und trotzdem erkennt man intuitiv die Schnittmengen, werden gegenseitige Einflüsse deutlich. 1921 malte Pablo Picassos eine üppige „Sitzende (Frau im Hemd)“, Modiglianis „Weiblicher Albakt“ von 1918 wirkt daneben wesentlich moderner. Sein Frauentyp mit extrem schrägen Schultern und kantiger Silhouette zeigt Parallelen zu den Arbeiten von Egon Schiele auf.

Nach Genres geordnet präsentiert die Ausstellung geschickt integriert Modiglianis Lebensweg. Er stammt aus einem jüdisch liberalen französisch-italienischen Elternhaus. Nach dem Kunststudium in Venedig und Florenz ging er 1906 nach Paris. Im avantgardistischen Umfeld von Montmartre und Montparnasse zeichnete er TänzerInnen, porträtierte er FreundInnen, Galeristen und KünstlerkollegInnen. Über das Revuetheater und den modernen Tanz entwickelte Modigliani einen neuen Blick auf die Frauen. Die Posen seiner Akte sind zwar traditionell, erinnern an die die Venusdarstellungen der Renaissance, aber stark angeschnitten wirken sie ungewöhnlich nah und zeigen vom Typ her teilweise moderne Frauen, die inzwischen schon von Streetkünstlern als Motive verwendet.

Ausstellung "Modigliano. Moderne Blicke" im Museum Barberini Potsdam präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

„Elena Povolozky“, Amedeo Modigliani 1917,Öl auf Leinwand© akg-images/Album, Foto: Michaela Schabel

Von der Antike beeinflusst waren Modiglianis Skulpturen und Zeichnungen. Immer wieder arbeitete er an einer Karyatide, den weiblichen Trägerfiguren der griechischen Kunst. Das in verschiedenen Variationen abstrahiert gezeichnete Motiv bereitet spätere Aktbilder vor. 

Im ersten Weltkrieg entstanden die „Freundschaftsbilder“. Die KünstlerInnen solidarisierten sich, traten bewusst interkulturell auf, um die Distanz zum Nationalsozialismus zu unterstreichen. 1918 verließ Modigliani mit Künstlerfreunden Paris. Das lichtdurchflutete Südfrankreich hellte die Atmosphäre in seinen Bildern auf. Er malte weiterhin flächig, aber weniger konfrontativ mit einer ganz speziellen Mischung aus  kühlen Distanz wie bei Gustav Klimt und existentieller Unsicherheit Egon Schieles. 

Zur Ausstellung erschien ein 256-seitiger Katalog im Prestel-Verlag. Die Ausstellung „Modigliani. Moderne Blicke“ ist noch bis 29. Januar 2025 zu sehen.