©Fischer Verlag, 2022
Man kennt die Momente, in denen man sich persönlich völlig außen vor fühlt, entfremdet auf die anderen blickt und plötzlich die Sinnfrage stellt, weil alles sinnlos scheint. Warum tut man dies oder jenes? Die Antwort ist seit Aristoteles der Zweck, der den Menschen zum Objekt machte, untermauert von religiöser Sinnhaftigkeit und jenseitigem Heilsversprechen. Seit Darwin und den sich daraus entwickelnden naturwissenschaftlichen Erkenntnissen, nicht zuletzt durch das Versagen religiöser Institutionen stürzen diese Gewissheiten wie Kartenhäuser ein.
Mit Beispielen aus dem Alltag, sehr einfach und einleuchtend entwickelt Christian Uhle durch die Methode des fragenden Zweifelns, wie wir Menschen trotzdem als kreative Subjekte sinnvoll leben können. Er wendet sich gegen „Bullshitropduktionen…und Werbefucking“ unserer Zeit und greift auf die humanitäre Tradition der Antike zurück, wo man schon zwischen Eros (erotische Liebe) Philia (Freundesliebe) und Agape (selbstlose Liebe) unterschied. Eros schränkt ein, Philia und Apape machen frei, denn „Sinn entsteht, wenn wir als Menschen für Menschen tätig sind.“ Agape, die selbstlose, nicht sinnliche Form der Liebe, wie beispielsweise in der Nächstenliebe des Christentums, überschreitet die Grenzen des Egoismus. In der Antwort des anderen erfahren wir unsere Bedeutsamkeit. Daraus ergibt sich ein gegenseitiges Anker sein im Sinne von „gut, dass es den anderen gibt“. Im Dialog mit anderen wird unsere eigene Welt erweitert und bereichert und die existentielle Einsamkeit reduziert.
Das wiederum funktioniert nur, wenn der Körper, die Hardware, und der Geist, die Software, zusammenarbeiten und wir unser eigenen Leben aus einem poetischen Blick auf die Einzigartigkeit der Welt als lebenswert betrachten.
Christian Uhle (*1988) ist Philosoph. Die Frage nach dem Sinn treibt ihn seit Jahren um. Sein Anliegen ist es, Philosophie in das persönliche Leben einzubinden. Als Wissenschaftler hat er an verschiedenen Instituten zu gesellschaftlichen Transformationen geforscht und seine Perspektiven in zahlreichen Vorträgen und Gastbeiträgen öffentlich gemacht. Er war philosophischer Berater der arte-Serie „Streetphilosophy“, ist Host mehrerer Veranstaltungsreihen und verkörpert eine engagierte, junge Philosophie. Er lebt in Berlin.
Christian Uhle „Wozu das alles? – Eine philosophische Reise zum Sinn des Lebens“, Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2022, 455 S.