"Kultur macht glücklich"


Berlin – Borcherts „Draußen vor der Tür“ im Berliner Ensemble

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Berlin – Borcherts „Draußen vor der Tür“ im Berliner Ensemble

©Berliner Ensemble, Matthias Horn

Dabei setzt Michael Thalheimer auf existentielle Bilder, die er sehr exaltiert in Szene setzt. Der Tod mächtig mit fetten Bauchringen und hängenden Brüsten, ein glatziger Minigott daneben wie eine alte Diva im dekolletierten weißen Abendkleid mit billigem Federrand, dazwischen Beckmann im Riesenpullover und mit seltsamem Brillengestell entsteht ein Figuren-Panoptikum unter dem funkelnden All, weit weg von jeglichem Realismus. Zu bizarr, zu bunt irritiert die Inszenierung ganz bewusst, indem sie „Draußen vor der Tür“ in einen Leuchtreklamekosmos weitet, in dem der Schrecken des Krieges und die Ängste der Menschen kaum zur Wirkung kommen. Wenn der Tod rülpst, weil er überfressen ist, Gott, an den keiner mehr glaubt, zum Mickerling degradiert, löst Groteske existentielles Endspiel ab, kommt Borcherts expressiver Text gegen das atmosphärische Leuchten kaum an, sieht man von der Szene mit Frau Kramer ab, die die Wohnung von Beckmanns Eltern übernommen hat, nachdem diese als Nazis enttarnt wurden. Erst als das Bühnenbild sich in Grau verwandelt, die Lampen wie riesige Regentropfen wirken, wird die eisige Einsamkeit Beckmanns, die auch andere so erlebt haben, emotional spürbar.

Theaterkritik "Draußen vor der Tür" präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

©Berliner Ensemble, Matthias Horn

Beckmann, den Heimkehrer, mit einer Frau zu besetzen ist nicht nur dem Zeitgeist geschuldet, sondern bezieht so genderübergreifend die Gräuel des Krieges mit ein. Kathrin Wehlisch weiß stimmlich alle Tonlagen zu bedienen, schrill steigert sich ihr Schmerz. Mit ihr wird jede Szene zum theatralischen Schlagabtausch. Doch die Verzweiflung ihres Beckmanns trifft nicht ins Herz. Allzu schnell verpufft der Text in der magischen Bühnenatmosphäre von Olaf Altmann. Allein sie hinterlässt Spuren im Kopf. Der bunte Konsumkosmos irrlichtert in den Gedanken weiter und gibt Borcherts „Draußen vor der Tür“ letztendlich eine neue, über den Krieg hinausweisende Dimension. 

Künstlerisches Team: Michael Thalheimer (Regie), Olaf Altmann (Bühne), Nehle Balkhausen (Kostüme), Bert Wrede (Musik) Rainer Casper (LIcht), Amely Joana Haag (Dramaturgie)

Es spielen Kathrin Wehlisch (Beckmann, der Andere), Jonathan Kempf (der Tod), Peter Luppa (Gott), Josefin Platt (die Elbe), Philine Schmölzer (ein Mädchen), Oliver Kraushaar (der Einbeinige), Veit Schubert (Oberst), Tilo Nest (Kabarettdirektor) Bettina Hoppe (Frau Kramer)