©Michaela Schabel
Erwin Schmierer, 1969 in Zwiesel geboren, ist ausgebildeter Glasgraveurmeister mit eigenem Studio „Gravur pur“ in Frauenau. Im Laufe seines Lebens eignete er sich weitere Glastechniken an, das Schneiden und Hinterschneiden des Glases und die Glasschmelztechnik mit dem freien Modellieren mit Wachs davor.
Durch sein handwerkliches Geschick seine Gestaltungskreativität und Innovationsfreude entwickelte er eine ganz spezielle künstlerische Handschrift. Jetzt präsentiert er Arbeiten der letzten zehn Jahre in einer vorzüglich kuratierten Ausstellung, in der seine Objekte bestens zur Wirkung kommen.
Ein Frauenakt in Lebensgröße sticht sofort ins Auge, irritiert und fasziniert, weil beide Seiten die Vorderseite dieser jungen Frau zeigen. Die Skulptur ist konvex ausgerichtet. Doch in der konkaven Rückseite sind Gesicht, Busen, Beine visuell genauso wahrzunehmen wie in der haptisch konvexen Form, wodurch ein facettenreiches Spiel des Vergleichens entsteht, intensiviert durch Lichteinfall und Farbschattierungen.
©Michaela Schabel
Dieses Spiel steigert sich bei den dreiseitig konzipierten Porträtskulpturen. Mit teilweise zwei Porträts übereinander ergeben sich aus unterschiedlichen Blickwinkeln bis über ein Dutzend Spiegelungen. Wie in einem Lebenskarussell tauchen Gesichter auf und verschwinden wieder.
©Michaela Schabel
Dieses mehr ästhetische Spiel mit Blickwinkeln verdichtet sich im Triptychon „Vergebung“ zu Erwin Schmierers persönlicher Botschaft. Mit jeweils drei Köpfen übereinander auf dreieckigen Podesten nebeneinander in der Mitte des Ausstellungsraums platziert wirkt es wie eine Anspielung auf die göttliche Trinidad und offeriert Erwin Schmierers nachdenkliche Lebenseinstellung. „Vergebung/für alles, was wir sagen wollten und nie gesagt haben/für alles, was wir tun wollten und nie getan haben,/ für alles, was wir sein wollten und doch nie waren.“
Eine besondere Werkgruppe bilden die zweiteiligen „Prismen“ aus zwei, oft formgleichen Kuben. Durch einen besonderen Schliff kann Erwin Schmierer sie ineinander schieben, so dass neue, extravagante Formen entstehen. Durch unterschiedliche Oberflächen, poliert oder mattiert, ergeben sich immer neue Form- und strahlende Farbkombinationen, in Glasvitrinen seriell angeordnet atmosphärische Synergieeffekte.
©Michaela Schabel
Nicht so farbenfroh, mehr kühl elegant wirken Erwin Schmierers Drehobjekte. Spiralig aus bis zu 100 Glasplatten zusammengesetzt ergeben sich durch matte Farbschattierungen und vor allem durch die Gestaltung der Bruchkanten stilistische und haptische Varianten.
©Michaela Schabel
Wie nachgefragt das Können Erwin Schmierers ist, zeigt ein Produktionsvideo, indem er „Spirit of Ecstasy“, die Kühlerfigur von Rolls-Royce in Glas funkeln lässt.
Die Ausstellung „Glas im Blickwinkel“ ist im Glasmuseum Frauenau noch bis zum 19. Juni zu sehen, Di – So von 9 – 17 Uhr