"Kultur macht glücklich"


Salzburg – Uraufführung von Peter Handkes „Zdeněk Adamec Eine Szene“

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Salzburg – Uraufführung von Peter Handkes „Zdeněk Adamec Eine Szene“

© SF/Ruth Walz

„Zdeněk Adamec Eine Szene“ beruht auf Tatsachen, die im Laufe des Theaterabends recherchiert werden. Das Resümee ist traurige Einsicht eines Einzelgängers, der den Dunkelwelten der Macht unserer Zeit nur den flammenden Selbstmord entgegensetzen kann. 

„Ehre, Wahrheit, Talent und Gottesgaben zählen, Mädchen, sich in dieser Welt nicht aus. Wer sie hat, wie Zdeněk Adamec, verliert am Ende alles.“ Das ist Peter Handkes These, die er seiner eigens für die Salzburger Festspiele 2020 geschriebenen „Szene“ voranstellt. 

Ein Menschenpulk drängt auseinander. Wenige bleiben. Ein „Er“, von den anderen befragt und unterbrochen, erzählt die Geschichte von Zdeněk Adamec. Sie ist weder typisch tschechisch noch nimmt sie irgendwie Partei,  ist nur Aufhänger für den Rundumschlag gegen Geschichten und Mythen, die uns tagtäglich überschütten und mit Wahrheit überhaupt nichts zu tun haben. 

Dieser Zdeněk Adamec hatte keine Ambitionen berühmt zu werden wie so mancher griechische Heroe aus der Mythologie, war kein Kamikaze, der andere in den Tod mitreißen wollte. Er will sich nur beseitigen, bevor er selbst von unglaublichen Systemen beseitigt wird. 

Dieser Zdeněk Adamec fühlt sich umso energetischer, je apokalyptischer sein Umfeld ist. In diesem Moment extremer Disharmonie fühlt er die Harmonie mit der Menschheit als Elendshäufchen. Er will sich diesen Harmoniekampf, dieses Schinden und Geschundenwerden durch den Freitod ersparen.

Ganz objektiv lässt  Handke einen Erzähler recherchieren, nimmt ihn immer wieder stilistisch an die Kandare. Nur kurze Sätze soll er schreiben, nur darstellen, nichts erklären. Dabei verdichten sich die biografischen Bruchstücke zur gesellschaftskritischen Parabel mit der Mutter als Schlüsselfigur. Beliebt durch ihre herzliche Stimme, mit der sie manchem Mitmenschen den Tag rettete, ließ sie den kleinen Sohn den ganzen Tag allein auf einer Waldlichtung Heidelbeeren pflücken. Dieser Ort wurde Zdeněk Adamec zur magischen Weltmitte, zur Heimat. Einem Freund gezeigt, der dort nichts fühlt, wird Zdeněk Adamec dieser Ort zur Scham, kehrt nie wieder dorthin zurück, verharrt sitzend im Dämmerschein dunkler Räume vor dem Computer und macht Karriere als Hacker-Champion bei den „Darkers“, den Verdunklern, die das Stromnetz unterbrechen wollten, um die Welt vom  künstlichen Schein zu befreien. Dass er seinen Namen auf einem mittelalterlichen Streckbett in einem Foltermuseum des Nachbarortes eingraviert, wirft ein Licht auf seinen seelischen Zustand. Er löscht sich im Flammentod aus, die Neonröhren von Sony, Olympos und McDonalds strahlen weiter.

Ein subtiler Text ist Peter Handke mit diesem „Zdeněk Adamec“ gelungen, der beim Lesen mehr Poesie und Kraft entwickelt als bei der Salzburger Uraufführung. 

Peter Handkes „Zdeněk Adamec Eine Szene“ präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

© SF / Ruth Walz

Allein das Bühnenbild (Frederike Heller)  unter einer eisernen Kreuzgangkonstruktion  vermittelt in Schwarz-Weiß-Effekten atmosphärische Expression und Bezüge. Der Text, auf ein 7-köpfiges Ensemble verteilt, bleibt unter der Regie von Frederike Heller plakativ ausgestellt und uninspiriert.

Es spielen Hanns Zischler, Sophie Semin, Eva Löbau, Nahuel Pérez Biscayart, Christian Friedel, André Kaczmarczyk