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Niederbayern – Witzige Inszenierung von Richard Strauss’ „Ariadne auf Naxos“ am Landestheater Niederbayern

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Niederbayern – Witzige Inszenierung von Richard Strauss’ „Ariadne auf Naxos“ am Landestheater Niederbayern

©Landestheater Niederbayern, Foto: Peter Litvai

„Ariadne auf Naxos“ klingt nach Barockoper, ist es aber nicht. Mit dieser Komposition erlaubte sich Richard Strauss 1916 eine parodistische Perspektive auf willkürliche Mäzene und egomanisch überspannte Künstlerpersönlichkeiten. Gekonnt…

verbindet er das Vorspiel, wo vor der Premiere Backstage durch die Wankelmütigkeit des Mäzens alles durcheinander gerät mit der eigentlichen Oper nach der Pause. Der Graf wünscht sich kurzentschlossen nicht ein burleskes Nachspiel zur traurigen Oper, sondern die Szenen sollen improvisierend in „Ariadne auf Naxos“ eingebaut werden. So schuf sich Strauss musikalischen Freiraum. Die Musik für großes Orchester und die Arien sind der eigentliche Genuss. Unter der musikalischen Leitung von Basil H. E. Coleman und der Regie von Stefan Tilch gelingt ein vielschichtiger Opernabend, der parodistische Ebenen und lyrische Stimmungen zum Leuchten bringt. 

Im Vorspiel herrscht Premierenhektik. Zerbinetta freut sich schon mit ihrer Tanzgruppe, um im Nachspiel das langweilige Davor um das Herzeleid der Primadonna aufzumischen. Der Komponist ärgert sich, dass man ihm die Partitur vermiest. Der Tenor macht sich wichtig. Musiklehrer und Haushofmeister rotieren. Grau in Grau die Wände spiegeln sie nicht nur den grauen Alltag hinter der schönen Muse, sondern auch die triste Containersituation am Landshuter Standort des Landestheater Niederbayern, dessen Mäzen, sprich die Kommunalpolitik es versäumte, zum richtigen Zeitpunkt das Theaterzelt gegen ein Theaterhaus zu tauschen. So schafft, fast wie parodistisch bestellt, in der ersten halben Stunde das Wabern der Zirkusmusik von nebenan den musikalischen Unterton. Chapeau! Ensemble und Orchester machen unbeirrt weiter. Coleman dirigiert mit Noblesse mit Fokus auf die SängerInnen, die ihr Stimmpotential voll entfalten können, filigran vom Orchester begleitet, wobei durch den Farbklang der instrumentalen Soli die emotionale Vielfalt der einzelnen Figuren sehr differenziert zum Ausdruck kommt. 

Nach der Pause überrascht die Bühne mit einem luxuriösen Salon mit Blick auf das Meer, überblendet je nach Stimmung von dunkler Nacht und bunten Farbprojektionen, zwischen Flügel, Palmendekor, Chaiselongue und einer modernen Stehlampe auch heute denkbar. Jetzt hat Zerbinetta mit ihren vier burlesken Liebhabern ihren großen Auftritt, mit Emily Fultz bestens besetzt, sängerisch top, klangschön, dynamisch differenziert und charmant in Szene gesetzt.

Doch weder die liebevoll altbackenen Albernheiten ihrer Truppe noch Zerbinettas Ausblicke auf die nächste Liebe können Ariadnes Liebesleid besänftigen, das Anne-Theresa Albrecht trotz ihres traurig lethargisch angelegten Rollenprofils kraftvoll zum Ausdruck bringt. Da muss schon ein Gott kommen, um sie zu trösten.

Opernkritik Richard Strauss' "Ariadne auf Naxos" im Landestheater Niederbayern präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

©Landestheater Niederbayern, Foto: Peter Litvai

Im anlandenden Bacchus findet die einsame Prinzessin einen Seelenverwandten und Strauss die Möglichkeit mit wagnerianischem Impetus ein wuchtiges Happy-End zu komponieren, das durch Kristian Benedikts Heldentenor und seine optische Präsenz die parodistische Struktur der Oper final akzentuiert, noch mit Augenzwinkern ironisiert, wenn die wallenden Gewänder des Liebespaares zu funkeln beginnen und der Komponist seine Lieblingsfigur, Zerbinetta, erobert. Das kann nur noch ein Feuerwerk toppen. Ein unterhaltsamer Opernabend!

Künstlerisches Team: Basil H.E. Coleman (Musikalische Leitung), Stefan Tilch (Inszenierung), Sunny Prasch (Choreographie), Karlheinz Beer (Bühne), Ursula Beutler (Kostüme), Swantje Schmidt-Bundschuh (Dramaturgie)

Mit: Joachim Vollrath, Kyung Chun Kim, Reinhild Buchmayer, Kristian Benedikt, Stefan Metzger, Edward Leach, Matthias Bein, Peter Tilch, Emily Fultz, Anne-Theresa Albrecht, Weilian Wang, Antonia Schuchardt, Sabine Noack, Sarah-Léna Winterberg