"Kultur macht glücklich"


Düsseldorfer Schauspielhaus – „Volksfeind for Future“ von Lothar Kittstein nach Henrik Ibsen online präsentiert bei den Hamburger Lessingtagen  

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Düsseldorfer Schauspielhaus – „Volksfeind for Future“ von Lothar Kittstein nach Henrik Ibsen online präsentiert bei den Hamburger Lessingtagen  

©Sandra Then

Wie Marionetten aufgereiht, in symbolischen Kleidern stehen die Vertreter der ökonomischen Front nebeneinander, knallbunt wie ihre Argumentation, in verschiedendsten Farben schillernd die Oberbürgermeisterin, die sehr hofft, dass das neue Tesla-Werk mit 6000 Arbeitsplätzen nach Düsseldorf kommt, in Schachbrettmuster gehüllt eine Redakteurin der Düsseldorfer Rundschau, die immer sofort die richtige Strategie entdeckt, um ihre Zeitung gewandt in den Vordergrund zu stellen, smart im Anzug der Geschäftsführer von Tesla und in brauner Version der Betriebsleiter. Mit Schwimmstäben akzentuieren sie ihre Reden, verbiegen sie sich wie ihre Argumentationen im Pro und Contra von Elektroautos. 

Düsseldorf bekommt Tesla, verkündet der CEO  lässig aus der Ferne am Strand! Euphorisch hampeln allesamt über die Bühne, vollgestellt mit kleinen E-Autos, die die Zukunft visionieren. 

Während die Oberbürgermeisterin noch die Vorteile resümiert, formiert sich der Widerstand, angeführt von der eigenen Tochter und dem jüngeren Sohn. Das Familienidyll platzt, zumal sich der Vater, ehemals linker Atomgegner, jetzt lahmer Hausmann, auf die Seite der Kinder stellt und im entscheidenden Augenblick als befangen eine klare Stellungnahme verweigert. Wie Raketen prallen die Argumente aufeinander, die moralischen Interessen gegen die monetären, Idealismus gegen Pragmatismus. 

Die Argumente der Jungen sind nicht von der Hand zu weisen, überzeugen die Redakteurin, die Oberbürgermeisterin, den Betriebsrat, doch unter der Dominanz des Tesla-Firmenchefs, der über drei Ebenen aufgeschichteter E-Autos das Damoklesschwert der Entlassung schwingt, kriechen sie schnell zu Kreuze, um behände wieder nach oben zu klettern und in der Peripherie der Macht zu bleiben.

Ein Volksentscheid soll Klarheit bringen. Immer lächelnd, immer oben auf gibt die Oberbürgermeisterin Gas und treibt die Rhetorik in die Groteske.

Düsseldorfer Schauspielhaus "Volksfeind for Future" präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

©Sandra Then

Sie erklärt die Tochter zum Volksfeind. „Kinder sind die größte Klimaplage. Kinder sind die Pandemie“. Sie plädiert für eine Stadt ohne Kinder. Der Konflikt eskaliert. „Es geht nicht um Autos. Es geht um alles“, setzen die Jungen dagegen. Doch niemand ist bereit auf die Forderungen der Jugendlichen einzugehen, in Zukunft auf Autos zu verzichten, Autoschlüssel sofort abzugeben. Während die Jugendlichen ihre Forderungen immer lauter skandieren, die Zahnspangen im Zoom der Kamera aufblitzen, die Tochter auf der Bühne emotionalisiert, beginnt die offene Rebellion. Der Sohn demoliert eine Limousine. Wahrlich ein elektrisierender Abend. 

Hinter der Bühne: Volker Lösch (Regie), Carola Reuther (Bühne und Kostüme), Sandra Bezler (Chorleitung), Robi Voigt (Videodesign), Janine Ortiz (Dramaturgie)

Auf der Bühne: Minna Wündrich (Bürgermeisterin), Glenn Goltz (Ehemann), Cennet Rüya Voß (Tochter), Charlie Schrein (Sohn), Claudia Hübbecker (Redakteur), Jonas Friedrich Leonhardi (Betriebsrat), Rainer Philippi (Geschäftsführer), Philipp Alfons Heitmann (Firmenchef)

Als Klimaaktivisten Esra Atanasova, Nora Beisel, Lena Berghaus, René Boddice, Sara Lin Chen, Kester Elfroth, Nathanael Evers, Emma Fuhrmeister, Janna Gangolf, Sina Göttmann, Gesa van gen Hassend, Jan-Moritz Hoffmann, Greta Kolb, Oskar Lüttmann, Emilio Maestro, John-Frederik Reeg, Linus Reimann, Rebecca Roche, Juliane Sattler, Hanna Lei Shen