Berlin – „Spielerfrauen“ von Lena Brasch und Sina Martens im Berliner Ensemble

Theaterkritik von "Spielerfrauen" vonLena Brasch und Sina Mertens präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

©Berliner Ensemble, Brüggemann, Foto: Jörg Brüggemann

Die Bühne bleibt leer, Lichteffekte, zwei Gittercontainer genutzt als Umkleidekabine, Tor und Badewanne genügen Sina Martens und Gabriel Schneider die Höhen und Tiefen einer Promi-Fussballehe durchzudeklinieren, gewürzt durch satirische Texte von Leo Meier und Laura Dabelstein. Davor liefern sich Martens und Schneider als Sportexperten auf der Metaebene einen Schlagabtausch, in dem die Regeln des vielversprechendsten Produkts der Neuzeit abgesteckt werden. „Die Spieler sind ein Produkt des Produkts Fußball und die Fans auch.“  35 Jahre alles mit sich machen zu lassen, um dann danach nicht mehr arbeiten zu müssen, das ist der Deal.

Martens und Schneider reden sich in Rage, rocken ironisch ins Mikrophon und schlüpfen nahtlos in die Rollen eines Idealpaares, das sich bestens vermarktet, wenn Frau alles schluckt, denn es muss alles getan werden, um den Starkult zu erhalten. Der Fußballer ist nämlich kein Mensch, sondern ein Held. Die Fans wollen nicht den Menschen sehen, sondern durch ein spannendes Spiel den eigenen Alltag vergessen und 90 Minuten lang so sein, wie sie sein wollen. 

Unter der Regie von Lena Brasch spitzen Martens und Schneider in spannenden Szenen die menschlichen Probleme hinter der Imagefassade zu. Packend schildert Schneider den euphorisierenden Moment nach einem Tortreffer in der Arena. Es ist als, wenn man alle Drogen auf einmal genommen hätte. Nach dem Spiel folgt die Langeweile des Alltags. Außerehelicher Sex ist eine Möglichkeit den Adrenalinspiegel wieder anzuheben. Das Tigergesicht in Martens Nackenhaar eingefärbt sagt alles. 

Die Frau ist gefrustet, muss es hinnehmen. Wenn sie fremd geht, ist es ein Skandal. Sie hat nur schön zu sein und er bringt die Kohle. Sagt sie etwas Falsches, reagiert er aufbrausend, sie lenkt ein und gibt ihm auch zu Hause das Gefühl der Star zu sein. Im Schlagabtausch von überzogenen Klischees blitzt die Wirklichkeit auf, am witzigsten, wenn beide im Tor voller durchsichtiger Plastikkugeln als metaphorisches Schaumbad hinter die Luftschlösser dieses auf den ersten Blick so attraktiven Paares blicken lassen.

Theaterkritik von "Spielerfrauen" vonLena Brasch und Sina Mertens präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

©Berliner Ensemble, Brüggemann, Foto: Jörg Brüggemann

Die Harmonie bekommt immer mehr Risse. Er kann alles sagen, sie kann nur schweigen. Er behält sein Starimage, sie steigt ab. Schließlich nimmt er sie gar nicht mehr wahr, da hilft es auch nicht, dass sie ihre Zöpfe in eine wilde Mähne auflöst und immer wieder ihre große Liebe beteuert. Weinend begehrt sie auf. „Ich bin kein Ball. Verstehst du? Ich kriege blaue Flecken, wenn man mich tritt“.

Eloquent getextet, flott gespielt, mit Chuzpe gesungen ist „Spielerfrauen“ durchaus hitverdächtig. Man wird neugierig auf Kapitel drei über die ungleiche Rollenverteilung in dieser kritischen Seifenoper-Serie. 

Künstlerisches Team: Lena Brasch (Regie), Karl Dietrich, Joel Winter (Bühne), Ester von der Decken (Kostüme), Johannes Aue, Paul Eisenach (Musik), Sebastian Scheinig (Licht), Amely Joana Haag (Dramaturgie), Mira Gebhardt (Künstlerische Mitarbeit)