"Kultur macht glücklich"


Barcelona – „Una (Eine Frau)“, Porträt einer ehemaligen Pornodarstellerin von Raquel Cors und Dani Lacasa 

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Barcelona – „Una (Eine Frau)“, Porträt einer ehemaligen Pornodarstellerin von Raquel Cors und Dani Lacasa 

©Silvia Poch

Eva Lyberten erzählt ihre Lebensgeschichte. Als Ambiente wählt Regisseurin Raquel Cors eine sehr elegant reduzierte Theaterbühne mit großflächig alternierenden Schwarz-Weiß-Lichteffekten. Auf einem großen runden Podest skizziert Eva Lyberten in dezent schwarzer Kleidung sexy Posen, während im Hintergrund ihre Fotografien und Filmsequenzen von einst projiziert werden. Ganz schlicht und unaufgeregt, mit Distanz zu sich selbst erzählt sie von ihrem Leben in ihrer Muttersprache mit englischen Untertiteln, melancholisch eruptiv durch die jazzigen Sounds von Saxophonspielerin Mireia Tejero mit akustischer Finesse untermalt. 

Zwischen Dokumentation und Fiktion erschließt sich das Leben einer Frau, deren Image immer weniger mit ihrer Persönlichkeit zu tun hatte, indem sie selbst die Divergenz der Bilder sexuellen Verlangens und den eigenen unerfüllten Sehnsüchten erlebte.

Mit 15 zog Herminia Benito von zu Hause aus. Sie wollte nicht im Arbeitermilieu bleiben, sondern Schauspielerin werden. Ihre Existenz als Eva Lyberten begann. Bei einem Museumsbesuch im Prado, Madrids Kunsttempel, wurde ein Gemälde von Adam und Eva zum nachhaltigen Erlebnis dargestellter Lust. Mit 17 begann ihre Erotikkarriere als Fotomodel und Filmschauspielerin. Anfangs fühlte sie sich oft unsicher, zugleich angetörnt vor der Kamera. Sexuelle Ausbeutung war an der Tagesordnung, die Bezahlung bescheiden. Anstrengend wurde das Filmen, wenn mitten in der Filmarbeit das Drehbuch geändert wurde, ihr Szenen abverlangt wurden, für die nicht in der Stimmung war. Als sie, zeitlich sehr verzögert durch Schnitt und Nachbearbeitung, zum ersten Mal einen der Filme sah, wo sie mitspielte, war sie geschockt. Die Erotik des Films stimmte mit ihrer eigenen Vorstellung von Erotik überhaupt nicht überein. Es machte ihr zwar immer Freude, die Träume anderer zu erfüllen, aber der „Traum von dem andere träumen“, wich von ihren eigenen Sehnsüchten völlig ab.

Drei Kinder allein groß zu ziehen, war für Eva Lyberten eine große Herausforderung. In roten Pumps lebt sie auf dem Podest wild trampelnd und hüpfend, frei von Reglementierungen durch Flamencorhythmen, die rote Schuhe und Spanien immer sofort assoziieren lassen, ihre inneren Dysbalancen aus. 

Sexualität und Nacktheit mag sie immer noch. Jetzt bestimmt sie die Art der Betrachtung und Regisseurin Raquel Cors weiß durch ihr ästhetisches Feingefühl diese Frau, „Una“ als Sinnbild für viele Frauen, die den Medienklischees von Sexappeal nicht entsprechen, vorteilhaft zu inszenieren.

"Una" bei den Lessingtagen präsentiert von www.schabel-kultur-blog.de

©Silvia Poch

Durchzogen von den Schattenlinien wirkt Eva Lybertens Körper aus der Distanz immer noch erotisch, gleichsam durchfurcht von der Betrachtung von außen, von den Narben des Lebens. 

Doch diese subtile Einstellung ist noch nicht das Finale. Im hautengen roten Abendkleid verwandelt sich Eva Lyberten noch einmal in eine sinnliche Diva. Mit Saxophonistin Mireia Tejero tanzt sie beschwingt hinter die Projektionsfläche. Nur noch die Beine sind kurz zu sehen, etwas länger der Sound zu hören. Verschwunden sind die Projektionen. Jetzt herrscht Tabula rasa. Das Stück ist eine gelungene Hommage nicht nur an „Una“, sondern an alle Frauen.