©Theatro dell’Opera di Roma, Foto: Fabriizio Sansoni
„Kunst ist Politik“, so Ai Weiwei (*1957). Er lässt keine Gelegenheit aus, auf die Missstände in seiner Heimat China hinzuweisen, wurde deshalb schon verhaftet, malträtiert und observiert…
2015 – 2019 lebte Ai Weiwei in Berlin im Exil. Mit entwurzelten Bäumen, Installationen mit Rucksäcken und Schwimmwesten machte er Umweltzerstörung, Erdbeben- und Flüchtlingsoper aufmerksam. 2019 siedelte er nach Cambridge um, weil er die Deutschen zu „intolerant“ und „unhöflich“ empfand. „Die deutsche Kultur ist so stark, dass sie nicht wirklich andere Ideen und Argumente akzeptiert.“ In Cambridge „interessierte ihn das, was in dieser Art von akademischer Atmosphäre geschieht nicht“, weswegen er seit 2021 in Portugal lebt.
In Ai Weiweis Kunst steht immer die politische Kritik im Mittelpunkt. Das gilt auch für seine erste Opernregie am Teatro dell’Opera di Roma, wobei ihn Dokumentarfilmregisseur Maxim Derevianko begleitete.
Ai Weiweis Ziel war es, Puccinis unvollendete Märchenoper „Turandot“ durch Bezüge zum heutigen China zu aktualisieren und damit auch ein breiteres Opernpublikum anzusprechen. Verantwortlich für Bühne, Kostüme und Regie gelang ihm eine stimmige Inszenierung, die vom märchenhaften Plot der Vergangenheit den Bogen mittels Videoprojektionen zu den Problemen der Gegenwart, insbesondere in der Ukraine und China spannt und den Derevianko um die schwierige Lage des Theaterensembles während der Covid-Pandemie erweitert, wodurch die Premiere der „Turandot“ erst 2022 stattfinden konnte.
Aber die Idee, Opern politisch zu aktualisieren ist so neu nicht, ganz im Gegenteil längst ein viel diskutierter Trend in großen und auch in kleinen Opernhäusern. Immer wieder betont Ai Weiwei, wie wichtig ihm Werte wie Freiheit, Menschenrechte und gesellschaftliche Herausforderungen sind, doch die optische Umsetzung in der Oper bleibt im Film ausgespart. Man sieht nur, wie Ai Weiwei die einzelnen Gewerke besucht, seine Wünsche beim Bühnenbild und den Kostümen äußert. Eine reduzierte Treppenlandschaft soll sich mit der Energetik einer Welle über die Bühne spannen und Allgegenwärtigkeit signalisieren, während die bombastischen Kostüme, Turandot als weißer Schmetterling, Calef mit einem gigantischen Froschrucksack die symbolischen Märchenaspekte dieser Geschichte hervorheben. Ai Weiwei wandelt vorwiegend mit dem Handy filmend herum, sein Wirken als Regisseur bleibt ausgespart. Eingeblendet werden dafür biografische Reminiszenzen und Sequenzen über seine künstlerischen Aktivitäten nach dem schweren Erdbeben 2009. Zu Worte kommen Ai Weiwei lebenslange Freundin, die renommierte Choreographin Chiang Chin, die Sängern Oksana Dyka Lyniv (Turandot), Michael Fabiano (Calef), Francesca Dotto (Liu) und Dirigentin Oksana Lyniv.
„Ai Weiweis Turandot“ ist letztendlich ein gestylter, ziemlich oberflächlicher Imagefilm für das Teatro di Opera in Rom und Ai Weiwei.
Künstlerisches Team: Maxim Derevianko (Drehbuch, Regie), Michele Cogo (Drehbuch)