©Landestheater Niederbayern/Peter Litvai
Schon während der Ouvertüre entführt Amor tanzend als vogelartig grazil stilisierte Figur (Tanz und Choreographie Susanne Prasch) in das Märchenreich der Königin der Nacht. Amor steht für Mozarts drei Jungen, denen allein Zugang zu beiden Reichen erlaubt ist und für die Leichtigkeit der Liebe, die alle Schranken überwindet.
Fulminant ist bereits die erste Szene, in der die drei Damen die Schlange töten. Gastregisseurin Christina Piegger, Hausregisseurin in Salzburg, greift auch hier beherzt in Mozarts Figurenaufstellung ein und macht aus den Damen mittels Handpuppen ein gewöhnungsbedürftiges dreiköpfiges Fabelwesen, zum einen um zu verdeutlichen, dass sie mit einer Kraft agieren und damit unschlagbar sind, zum anderen wird die Inszenierung noch stärker im Märchenspiel verankert, kraftvoll gesungen von Kathryn J. Brown, Reinhild Buchmayer, Sabine Noack.
Iris Jedamski kreierte imposante Kontrastwelten und Kostüme. Vor der wild romantischen, nächtlich schimmernden Dschungelatmosphäre baut sich aus beweglichen Bühnenteilen Sarastros klar strukturiertes Reich auf, vor den Toren als nüchtern linear gewellte Gefängniswände, die im Handumdrehen den Blick in die hell strahlende Loge des Geheimbundes eröffnen, wo der Kreis um Sarastro mit kupferfarben metallisch glänzenden geometrischen Kostümen für männliche Disziplin und Militanz stehen.
©Landestheater Niederbayern/Peter Litvai
Übermächtig erscheinen in diesen Welten die Anführer. Ewelina Osowska, eine junge polnische Nachwuchssopranistin, wird in einer raffinierten Lianenrobe auf dem Stil einer filigranen Makroblüte optisch und sängerisch zu einer faszinierenden Königin der Nacht. Leicht, schwebend, voller Klangschönheit koloriert sie die berühmten Arien wie ein exotischer Vogel. Heeyun Choi tiefer, doch milder Bass passt zu der priesterhaft meditativen Interpretation dieses Sarastros. Das männlich Dominante bringt Daniel Preis als brachialer Monostatos ein.
Pastellfarben, Pamina in Rose und Tamino in Hellblau, sind Prinz und Prinzessin die zarten Symbole einer neuen emanizipierteren Generation. Nils Sandberg verkörpert mit seinem klaren lyrischen Tenor einen naiven, noch suchenden, lernfähigen Jüngling. In den höheren Lagen mitunter noch etwas unsicher findet er immer mehr Ausdruck und kontrastiert klangschön zu Henrike Henochs Pamina. Sie ist sängerisch und dramaturgisch der Mittelpunkt dieser Inszenierung, eine allerliebste Pamina, die ihren wunderschönen, berührend expressiven Kolorationen diese brave, naive Mädchenfigur in eine taffe, mutige Frau verwandelt.
Dass das Spiel nicht allzu ernst wird, dafür sorgt Peter Tilch, der mit seinem herrlich beherzten Spiel und seinen natürlichen Sprechpassagen die „Zauberflöte“ im Volksspiel erdet.
©Landestheater Niederbayern/Peter Litvai
Die gekonnte Kameraführung bringt aus verschiedenen Perspektiven die dialogischen Strukturen und schauspielerischen Reaktionen bestens zur Wirkung. Raffinierte Überblendungen intensivieren das optische und sängerische Feuerwerk Durch das Orchester in den Interludi immer wieder einblendet, wird dessen Schwung visualisiert, und das Ohr gewöhnt sehr schnell an die kammermusikalische Reduzierung, nicht zuletzt deshalb weil Basil H.E. Coleman mit einem Streicher- und Bläserquintett und selbst am Hammerklavier, wie einst Mozart, die instrumentale Grundkonstellation aufrechterhält und mit ansteckendem Temperament dirigiert. Dass er die finalen Tutti galoppieren lässt, unterstreicht den volkstümlichen Aspekt dieser Oper. Schlank und prägnant, poetisch und ästhetisch vermittelt dieser Live-Stream eine sehr gelungene „Zauberflöte“.
Der Live-Stream ist über die Webseite des Landestheater Niederbayern voraussichtlich bis Ende der Spielzeit kostenfrei zu sehen. Spenden an die „Theaterfreunde Landshut e. V.“ kommen dem Neubau des Stadttheaters in Landshut zugute.