"Kultur macht glücklich"


CD – „Canzoni fantasie – Bartolomeo de Selma und seine Reise durch Europa des 17. Jahrhunderts“ 

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CD – „Canzoni fantasie – Bartolomeo de Selma und seine Reise durch Europa des 17. Jahrhunderts“ 

©PASCHENrecords

Im Zentrum der neuen CD steht der Komponist Bartolomeo de Selma (1580-1605). Man weiß nicht viel von ihm, außer dass er ein spanischer Augustinermönch war, der nicht in religiöser Mission, sondern als Komponist und exzellenter Musiker über Innsbruck nach Venedig und schließlich nach Warschau reiste, wo er vermutlich verstarb. Seine Werkstatt gehörte zu den ersten, die Fagotte herstellten. Exzellent spielte er auf diesen Instrumenten, vor allem auch das Dulcian, das aus einem Stück Holz angefertigt wurde und einen besonders milden und samtenen Klang erzeugt. Zusammen mit der klaren Tonalität der barocken Geige und der fulminanten Tiefe der großen Theorbe gibt das für Claus Schlemmer eine „erlesene Schlemmery“ oder für weniger an lukullischen Wortbildern orientierte Hörer ein besonderes Klangerlebnis. Aus den einzelnen Lebensstationen Bartolomeo de Selmas erklärt sich, warum auch die Canzoni der Venezianer Giovanni Batista Fontana (1589-1630) und Dario Castello (1602-1631) und des polnischen Komponisten Adam Jarzębski (um 1560-1649) für die CD aufgenommen wurden. Obwohl der Musikstil prinzipiell ähnlich ist, zeigen sich im Detail klare Unterschiede.

Zwei Instrumente stimmen eine heiter oder auch melancholische Melodie an, die sie alternierend in auf- und absteigenden Tonskalen variieren, akzentuieren, um immer wieder harmonisch in gemeinsamem Einvernehmen zueinander finden, gefolgt von einem versetzt scherzhaft kokettierenden Miteinander mit immer neuen Verzierungen und Artikulationen. Genau nach diesem Prinzip konzipiert Claus Schlemmer das Programm dieser CD. Bartolomeo de Selmas Kompositionen bilden den Leitfaden, fast nahtlos werden die anderen Kompositionen eingebunden, wodurch sich dramaturgische Steigerungen und reizvolle Vergleichsmöglichkeiten ergeben. Weit mehr als die Kompositionen fasziniert der Klang der Instrumente, die in Höhe und Tiefe wunderbar kontrastieren.

Zu Beginn, sozusagen als Einführung in die Canzoni des 17. Jahrhunderts interpretieren Anne Schumann (Violine) und Petra Burmann (Theorbe) ein Lied von Bartolomeo de Selma. 

Mit ungewöhnlich samtweichem Klang lässt das Dulcian im zweiten Lied von Giovanni Battista Fontanas Sonate aufhorchen. Als wäre die Geige von diesem Klang verzaubert, wird auch sie tonal weicher. Aus melancholischen Stimmungen entwickelt sich ein tänzerisches Miteinander, das im dritten Lied, wieder von Bartolomeo de Selma feierliche Tanzgrandezza in gemäßigtem Tempo mit vielen Verzierungen wie ein Paar, das sich schon gefunden hat, ruhig dahinfließen lässt. 

In den nächsten drei Stücken steht das Dulcian im Mittelpunkt, in Dario Castellos „Sonate Concertate“ sehr lebhaft, um dann das fröhlich beschwingte Tempo in sehr innigen Momenten zu verdichten. Immer wieder jubelt die Violine voran. Das Dulcian folgt heiter in der Tiefe. In der „Fantasia für Fagott“ von Bartolomeo de Selma kristallisiert Clemens Schlemmer die klanglichen Facetten des Dulcian höchst virtuos artikuliert heraus, wobei zuweilen die Nähe zur Klangaura des Saxophons hörbar wird. Schließlich wird das Dulcian in Giovanni Battista Fontanas „Concerto Primo“ zum warm durchglühten heiteren Stimmungsaufheller zur Sehnsuchtsmelodie der Violine. In ähnlicher Stimmungslage durchwirkt von pulsierenden lebensfrohen Rhythmisierungen gefällt Adam Jarzębskis „Concerto Primo A2. Soprano e Tenore“ durch seine bewegte Melodiosität mit die beste, sehr narrative, vielschichtig emotionalisierende Komposition.

In den letzten vier Canzoni werden alle vier Komponisten zwischen getragen und heiteren Stimmungen in sich steigernden Rhythmisierungen und artifizielleren Artikulationen, noch einmal hörbar. Dario Castello und Giovanni Battista Fontana verbindet die starke Erdung durch das Dulcian, wovon sich Bartolomeo de Selma  durch seine tänzerische, echotisierende Verspieltheit deutlich abhebt. Mit Adam Jarzębskis „In DEO speravit“ endet die CD in spirituell hoffnungsvoller Getragenheit.

 „Canzoni fantasie – Bartolomeo de Selma und seine Reise durch Europa des 17. Jahrhunderts“ beflügelt die Phantasie und lässt in frühbarockes Lebensgefühl eintauchen. Die CD erscheint im August unter dem Label PASCHENrecords.