©Michaela Schabel
Mit Carl Maria von Webers hochromantischer Ouvertüre zur Oper „Oberon“ und Felix Mendelssohn Bartholdys „Ein Sommernachtstraum“, dazwischen Kurt Weills „Der neue Orpheus“ sorgte Oramo für einen begeisternden Auftakt, nicht zuletzt durch sein innig ergriffenes, zugleich überaus energetisches und präzises Dirigat. Er tanzt die Partituren regelrecht mit, vibriert im Rhythmus der Musik, spielt mit der Linken Melodien der Solisten, singt lautlos bei den Gesangspassagen mit und setzt mit der Faust wuchtige Generalpausen. Beseelt von der Musik überträgt sich seine Energie in kammermusikalischer Qualität auf das Orchester und die Sängerinnen.
Oramo liebt kontrastreiche Interpretationen. Carl Maria von Webers lyrisch filigrane Ouvertüre zur Oper „Oberon“ setzt er wie in einen satten Traum gehüllt gleich zu Beginn etwa kraftvoller als mancher seiner Kollegen um, wobei der berühmte wuchtige Orchesterschlag nicht minder überrascht. Egal in welcher Dynamik, das BBC Symphony Orchestra begeistert durch flirrende Klangfarben der Streicher, wunderbare Farbakzente, markante Nachschläge der Bläser und souveräne Spannungsmomente der Schlagwerke. Lautmalerisch bauen sich die Opernmotive aus der Ritter- und Feenwelt zur hymnischen Schlussapotheose auf. Hauchzart klingt dieser Märchentraum in einem famosen Pianissimo aus.
Nach diesem filigranen, klangromantischen Erlebnis wirkt Kurt Weills einst sehr avantgardistische Komposition „Der neue Orpheus – Kantate für Sopran, Solovioline und Orchester“ immer noch sehr innovativ, zumal es Oramo sehr temperamentvoll dirigiert. Gleichzeitig spielt er die Violinsoli.
Weill erdete den Mythos von Orpheus und Euridike musikalisch in den 1920er Jahren. Das zugrunde liegende Gedicht von Ivan Groll stellt Orpheus als Durchschnittsbürger dar, der sich als Musiker in Berliner Kneipen finanziert. Euridike, eine Prostituierte, nimmt er kaum noch wahr. Oramo arbeitet die Klangdissonanzen, rhythmische Vielfalt und wuchtige Dynamik dieser Komposition sehr transparent heraus. Die finnische Sopranistin Anu Komsi, seine Frau, lässt die extremen emotionalen Facetten dieser komplexen Partitur aufleuchten. Harfe und Gesang sorgen für wunderbare Momente im Strudel der Gefühle.
©Michaela Schabel
Nach der Pause entführt Felix Mendelssohn Bartholdys wunderbare, mit am meisten gespielte Komposition „Ein Sommernachtstraum – Musik zur Komödie von William Shakespeare“ noch einmal in romantische Traumwelten des Elfenreichs, gesungen von den Damen der BBC Singers, Anu Komsi und Mezzosopranistin Susan Zarrabi. Schauspielerin Martina Gedeck mit geheimnisvoller zauberhaft weicher Stimme rezitiert Passagen aus Shakespeares Liebeskomödie. „Welch ein Flirren, welche freudiges Getaumel und Getöne, welche melancholische Weichheit“, um mit Shakespeare zu sprechen. Dieses bezaubernde Eröffnungskonzert im imposanten Max-Littmann-Saal des Regentenbaus macht tatsächlich Lust wieder nach Bad Kissingen zu kommen.
Den „Kissinger Sommer“, das Internationale Musikfestival in Bad Kissingen kann man noch bis 21. Juli erleben.