Franz von Assisi war es nicht genug, reicher Erbe zu sein. Er suchte nach dem Sinne des Lebens und fand ihn in der Solidarität mit den Armen und in Harmonie mit der Natur.
Vor diesem Hintergrund beleuchtet Wim Wenders Schritt für Schritt die Persönlichkeit Papst Franziskus als einen „Mann seines Wortes“ in Bezug auf verschiedene globale Problemkonstellationen.
Er lässt Papst Franziskus in seiner Muttersprache, in Spanisch sprechen und Deutsch untertiteln. Es sind kurze, einfach, sehr eindringliche Sätze, jeder Satz eine humane Botschaft, deren Wahrheiten man sich nicht entziehen kann und die sich durch die eingeblendeten Dokumentationen bestätigen.
Was Papst Franziskus predigt, lebt er vor. Sein Papamobil ist eben keine Limousine, nur ein Mittelklassewagen. Klein ist der Polsterstuhl, auf dem er sitzt. Symbolilsch sieht man hinter den Schulter ein wenig roten oder grünen Stoff, je nachdem ob es um mitmenschliche Solidarität oder Umgang mit der Natur geht.
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Wim Wenders lässt Papst Franziskus durch seine Worte überzeugen. Dass er ein „Mann seines Wortes“ ist, zeigen die Dokumentationen. Er sucht den Kontakt zu Menschen, umarmt und herzt sie spontan. Einem Strafgefangenen wäscht er die Füße. Für ihn Häftlinge die Wunder der Gesellschaft.
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Papst Franziskus spricht auch die menschlichen Schwächen in den eigenen Reihen an, Rivalität, Habgier, den Trauermienen bis zur spirituellen Alzheimer. Gleichzeitig blendet Wim Wender entsprechende Physiognomien in der Runde der Kirchenväter im Vatikans ein. Vortrefflich getroffen.
Dieser Papst fühlt sich wie Franz von Assisi solidarisch mit den Armen und kämpft mit ihnen für die drei „T“s, „trabajo, tierra, techo“, die Würde auf Arbeit, auf ein Stück Erde und ein Dach über den Kopf, immer auf das Wohl der Familie bedacht. Sein moralischer Imperativ wendet sich an die Reichen. „Lebt einfach, weil es so viele Arme gibt“ und er schließt dabei die Kirche mit ein. „Sollten wir nicht alle ein wenig ärmer werden?“ 20 Prozent der Weltbevölkerung besitzen 80 Prozent des Reichtums. „Wir nehmen ein Stück Erde, die anderen müssen mit Überbleibseln auskommen“, während die Kamera auf Favelas inmitten von Müllhalden fokussiert. „Wir sind alle verantwortlich.“
Die Menschen sollten weniger reden, mehr zuhören, solidarischer sein und die Natur nicht malträtieren, sondern in Stand halten. Hehre Wünsche, die durch „America first“ und Umweltkatastrophenbilder, nachts auf den Vatikan projiziert, deutlich werden und gleichzeitig in utopische Ferne rücken.
Dieses nuancierte Wechselspiel zwischen den Worten des Papstes und der global dokumentieren Realität macht den Film so eindringlich, den Papst in seiner vorgelebten Demut so sympathisch. Wim Wenders zeigt Papst Franziskus in der Polarität des Lebens, wie er sich, auf seinen Reisen wie ein Popidol umjubelt, freut und genauso, wie ihm die Worte für die Opfer einer Taifunkatastrophe in Südostasien fehlen.
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Vor der Holocaust-Gedenkstätte in Thessaloniki signalisiert ein lakonischen „Nie wieder“ seine starke Betroffenheit. Angesichts der Flüchtlingsmisere im Mittelmeer, senkt er sein Haupt senkt. Mit und ohne Worte signalisiert Papst Franziskus all diesen Menschen , dass sie im Elend nicht allein sind. Resolut fordert er vor amerikanischen Abgeordneten ein Stop des Waffenhandels. Doch die Kamera zeigt in gelangweilten Gesichtern und Höflichkeitsapplaus, dass die Politik andere Ziele verfolgt.
Ethische Fragen werden, begrenzt über Pressekonferenzen im Flugzeug eingebracht, ein raffinierter Schachzug Wim Wenders, die Flüchtigkeit dieser Situationen zu unterstreichen. Die Geburtenkontrolle bleibt ausgespart. Klare Absage erteilt Papst Franziskus der Pädophilie. Sie ist ein Verbrechen, das zivilrechtlich verfolgt werden muss. Homosexualität und Feminismus sieht Papst Franziskus distanziert, weil sie die menschliche Entwicklung nicht voranbringen. Das kann nur die Familie leisten. Die Sorge um die Familie steht immer wieder im Mittelpunkt von Papst Franziskus´ Reden.
Wim Wenders zeigt Papst Franziskus als Papst der Herzen, wohltuend ehrlich und ohne falsche Versprechungen und Erklärungen. So wie Franz von Assisi ist Papst Franziskus ein edler Mensch mit Vorbildwirkung. Doch auch wenn er Solidarität der Religionen im Bruderkuss der Religionsoberhäupter vorlebt, von Gott, ganz unabhängig von welcher Religion, spricht, denn „Wir sind alle Söhne Abrahams“, bleibt diese Geste angesichts der Weltsituation wirkungslos.
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Nicht im Zwist, im Frieden sollen die Menschen jeden Tag beenden, im Bewusstsein, dass „ wir jeden Tag ein bisschen sterben“ und den Sabbat heiligen, als Tag der Familie in Gedanken an Gott den Tag genießen. Wer lächelt, hebt den Hass auf. Das sind frohe Botschaften. Die Realiät spricht eine andere Sprache.
Papst Franziskus scheint sich der Diskrepanz durchaus bewusst zu sein und nimmt sie mit Humor. Mit einer Gedichtzeile von Thomas More endet der Film „Schenke uns eine gute Verdauung und etwas zu verdauen.“ Ein lapidares „Das war´s“ lässt resignative Hoffnungslosigkeit trotz des Lächelns anklingen und erinnert an den Anfang „Die Zeit vergeht wie im Fluge“. Wir sollten diese Zeit nutzen zu helfen.
Michaela Schabel