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Etwas undefinierbar Seltsames liegt auf dem Boden zwischen Steppe und Morgenerwachen. Es beginnt sich zu regen und entpuppt sich als Gaucho und sein Pferd, eine wunderbare…
Sequenz über die Harmonie zwischen Mensch und Natur. Genau darum geht es Michael Dweck und Gregory Kershaw in ihrem neuen Dokumentarfilm „Gaucho Gaucho“. Mit großen zeitlichen Pausen drehten sie in den kargen Steppen im Nordwesten Argentiniens das Leben der Kuhhirten. In der Gruppe mit den flatternden Bombachas durch die Steppe galoppierend, mit einer baritonalen Opernarie, Gitarrenmusik oder Tangos untermalt, entfaltet sich die Magie der Freiheit und Solidarität der Gauchos. In Schwarz-Weiß gefilmt, in harten Schnitten zusammengeführt taucht man ein in die Welt der Gauchos, die sich ohne große Worte und ohne Hektik das Bewusstsein bewahrt hat, nicht mehr als ein Teil der Natur zu sein. Dweck kommentiert nicht, vergleicht nicht. Er lässt die Menschen selbst sprechen, arrangiert Jung und Alt, Vater und Tochter, Schulmädchen und Schulleiterin vis-a-vis, oft vor großem Panorama der weiten Steppe mit ferner Bergkulisse unter endlosem Horizont. Der junge Vater Solano bringt seinem fünfjährigen Sohn liebevoll die Tricks und Kniffe des traditionellen Handwerks bei. Ein altes Ehepaar erinnert sich an die schwierige Zeit der Dürre. Der graubärtige Lelo reflektiert über sein langes Leben.
Großeltern und Eltern ermuntern ihre Kinder dieses freie Leben in Harmonie mit der Natur weiterzuführen. Selbst dass ein Mädchen in diese Männerwelt eindringen will, erfolgt ganz harmonisch, abgesehen von der Isolation in der Schule, weil es keine Schuluniform tragen will. Der Vater ist stolz, dass seine Tochter Guada, eines der wenigen Mädchen, den Mut hat, Pferde zu zähmen. Und der kleine Bub misst sich schon beim Steinschleudern und Galoppieren mit dem Älteren. Guada zeigt ihr Können auf der alljährlichen Fiesta, reitet auf dem buckelnden Pferd aus dem Bild und kommt auf Krücken zurück. Unfälle sind normal, aber kein Grund aufzugeben. Sie machen den Menschen vielmehr zum Helden und Sieger. Doch die Menschen sind sich ihrer Verletzlichkeit ständig bewusst, wenn die Geier am Himmel kreisen, weil Beute in Sicht ist oder ein Puma nachts sich anschleicht, um ein Fohlen zu reißen. Doch die Liebe zu den Pferden, zur Natur gibt ihnen Hoffnung.
Wie schon der Titel „Gaucho Gaucho“ ahnen lässt, ist der Film alles andere als ein kritischer Dokumentarfilm, sondern, nicht zuletzt durch die stilisiert charismatischen Bildsequenzen und deshalb als „Beautyscope“ angekündigt, eine Heroisierung dieses Berufsstands, in der sich der US-amerikanische Traum der Cowboys widerspiegelt. „Wir haben eine Welt gefilmt, die nicht nur zerbrechlich ist, sondern untergeht“, so Dweck. “Gaucho Gaucho“ ist eine Hommage an die Harmonie von Mensch und Natur.
„Gaucho Gaucho“ feierte Weltpremiere beim Sundance Film Festival 2024. Nicht für die Regie, sondern für den außergewöhnlichen „Sound“ erhielt der Film den U.S. Dokumentary Special Jury Award. Beim Locarno Film Festival 2024 wurde der Film erstmals in Europa gezeigt und gewann den Letterboxd Piazza Grande Award. 2025 zeichnete die American Society of Cinematographers ihn mit dem ASC Award 2025 aus.
Künstlerische Team: Michael Dwecks (Drebuch, Regie, Kamera), Gregory Kershaw (Regie, Kamera)
Besetzung: Guada Gonza, Tati Gonza, Jony Avalos
„Gaucho Gaucho“ kommt am 11. September in die deutschen Kinos.